Die Bewegung des Begriffs bei Hegel

Hegel

 

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Der Begriff in der Philosophie der Religion
(Zusammenfassung auf der Grundlage der "Vorlesungen über die
Philosophie der Religion I" in TWA Suhrkamp Verlag 16, Einleitung und Erster Teil)

 
Einleitung
 
- Hegel untersucht die allgemeine Anschauung, Empfindung, das Bewusstsein, oder
  wie wir es nennen wollen, der Religion. Es geht ihm um die Form als solche und
  ihren Inhalt, d.h. um den Begriff als Beziehung zwischen dem Subjekt und seinem
  Objekt, dem Selbstbewusstsein und dem Absoluten, Gott. Wesentlich ist die Form
  und Gegenständlichkeit der Religion nur zu fassen in ihrem Verhältnis zu anderen
  Formen. Die Philosophie entwickelt somit die Notwendigkeit der Religion als Form
  und Inhalt (an und für sich) im Fortgehen und Übergehen von andern Formen und
  in andere Formen. Dies ergibt gleichzeitig ihre Definition und den Beweis der
  Notwendigkeit ihres Seins.
- Der Philosophie geht es nicht darum Religion in einem Subjekt hervorzubringen.
  Der Mensch ist wesentlich Geist. Dies wird vorausgesetzt und ist dargelegt und
  beweisen durch vorangegangene Entwicklungen des Begriffs in der Natur.
- Der Anfang in der Religionsphilosophie ist die Aufhebung früherer Formen der
  menschlichen Weltbeziehung und ein Insichgehen des Begriffs. Er zieht sich aus
  der Beziehung auf anderes zurück und setzt damit seine Freiheit von jeglicher
  endlicher Bestimmung. Diesem Insichsein muss er Realität, Inhalt,  
  Gegenständlichkeit geben, soll es nicht ein Abstraktum und leer bleiben. Damit
  verbunden sind ein Zurückfallen in die Endlichkeit und Widersprüche zwischen dem
  Unendlichen der Religion und der Endlichkeit des Menschen.
- Die Fortbildung der Religion in der Weltgeschichte ist die Auflösung dieser
  Widersprüche. In der wahren Religion ist der Widerspruch an sich aufgehoben oder
  versöhnt. Allerdings bleibt die Trennung zwischen Selbstbewusstsein und Inhalt als
  autoritativ bestehen. Erst im vernünftigen Staat ist Freiheit gesetzt, verwirklicht, d.h.
  das Selbstbewusstsein hat die seiner Freiheit und Allgemeinheit angemessene
  Objektivität geschaffen.

Die Entzweiung der Religion mit dem freien, weltlichen Bewusstsein

 Das unmittelbar fromme Bewusstsein und seine Unterminierung

- Im noch gegensatzlosen Bewusstsein des frommen Menschen ist das übrige
  (weltliche) Bewusstsein dem religiösen Bewusstsein unbefangen unterworfen. Der
  Unterschied wird in die Einheit zurückgenommen.
- Von der weltlichen Seite, d.h. vom endlichen Bewusstsein und seiner
  Gegenständlichkeit her schleicht sich jedoch das Verderben und die Entzweiung in
  das Unendliche Bewusstsein der Religion hinüber.
- Alle Bestimmtheit fällt nun in die eigene Tätigkeit des Bewusstseins und Gott wird
  eingeräumt, dass er alles gemacht hat.
- So treibt auf der einen Seite der Verstand sein Wesen und auf der andern Seite
  herrscht das religiöse Gefühl der Abhängigkeit (unglückliches Bewusstsein).
- Sowohl das (nicht mehr gegensatzlose) Bewusstsein der Frömmigkeit also auch
  das Bewusstsein des vergleichenden Verstandes lassen Gott auf der andern Seite
  ihres Bewusstsein – im religiösen Bewusstsein – unbestimmt und allgemein.
- Das reflexiven Bewusstsein der Frömmigkeit bleibt jedoch nicht in der
  Unbestimmtheit, sondern das Tun und der Wille Gottes werden in bestimmten
  Handlungen, Naturverhältnissen, Ereignissen, Zwecken etc. betrachtet. Aber diese
  Inhalte sind endlich und zufällig verlieren sich sogleich selbst. Damit tritt eine
  Inkonsequenz ein, da Gott das Allgemeine und Notwendige sein soll.
- Die Inkonsequenz wird dann von der weitergehenden Erkenntnis ausgeräumt,
  insoweit die endlichen Zwecke in derselben Erfahrung und Beobachtung als nichtig
  erkannt werden und nicht als Gegenstand des ewigen göttlichen Willens. Die
  Frömmigkeit geht nun von dem allgemeinen Gedanken eines Zweckes und Guten
  aus und subsumiert darunter die vorhandenen Dinge.
- Mit dem Räsonnement auf die Zwecke und Nutzen in der Natur verliert die
  Frömmigkeit ihre Unbefangenheit und Unmittelbarkeit und wird gleichzeitig
  oberflächlich, da es viele Zwecke und Nutzen, aber auch Unzweckmässigkeit und
  Schäden gibt.
- So entsteht in der Frömmigkeit selber eine Entzweiung. Das Allgemeine und
  Besondere können nicht zusammen gebracht werden und die vorausgesetzte
  Allgemeinheit der Zwecke wird unterlaufen. Die Logik des Seins ist an ihr Ende
  gelangt.

 Die Entwicklung des Prinzips der Subjektivität gegen den absoluten Inhalt

- So wird die Frömmigkeit aus dem Räsonnement auf das Seiende als sein
  Verhältnis zu Gott hinausgeworfen und das Denken als Allgemeines muss zuerst
  seine ihm inhärenten Konsequenz und Notwendigkeit der Zufälligkeit des Seins
  entgegensetzen. Damit entwickelt sich das Prinzip des Selbstischen gegen die
  Objektivität des Allgemeinen (Gottes) vollends. Die Logik der reinen Reflexion
  auf das Wesen beginnt: ‚Ich’ bestimmt das Allgemeine allein und setzt das
  Sein zum Schein herunter.
- Die Erkenntnis geht auf das, was ist, auf das Endliche, das es mit den Sinnen
  erfasst, und fasst seine Notwendigkeit im Verhältnis von Ursache und Wirkung,
  Grund und Folge, Kraft und ihrer Äusserung, als Allgemeines der Gattung gegen die
  einzelne Existenz, die in die Sphäre der Zufälligkeit fällt. Damit benimmt die
  Erkenntnis dem endlichen Stoff die Zufälligkeit, ohne ihr ein Recht im Allgemeinen
  und Begriff zu geben. Was eine Sache ist, ergibt sich nach ihrer Wahrnehmung und
  den subjektiven Kategorien, die nur für das Endliche sein sollen und dieses
  determinieren.
- Die Erkenntnis und Wissenschaft interessiert sich für die besonderen Ursachen und
  nicht mehr für die allgemeine Ursache Gottes. Der Grund oder die Ursache wird
  damit selbst zum Endlichen. Die Erkenntnis und Wissenschaft liegt nun ausserhalb
  der Religion.
- Der Gegensatz zwischen dem Bewusstsein in der Religion mit ihrem absoluten
  Inhalt und dem endlichen Bewusstsein ist damit voll ausgebildet:
  Das Bewusstsein in der Religion (Gemüt) ist mit dem Göttlichen erfüllt, aber ohne
  Freiheit, Selbstbewusstsein und ohne Bestimmung, nur als abstrakt Positives.  Es
  ist erkenntnislos geworden. Jede Erkenntnis Gottes ist nur ein Herabziehen in die
  Endlichkeit ohne Bestimmtheit.
  Das Bestimmte hat die Form des Zufälligen, und die Notwendigkeit des
  Zusammenhangs fällt in die Freiheit (Spontaneität) des Subjekts, der Erkenntnis
  allein. Diese Freiheit schafft ein System ohne Gott, das zwar den notwendigen
  Zusammenhang kennt, nicht jedoch den absoluten Zusammenhang.
  Die beiden Seiten des Bewusstseins werden gegeneinander misstrauisch. Damit
  tritt das Bedürfnis einer Ausgleichung oder Versöhnung zwischen dem Gefühl im
  Bewusstsein der Religon und dem weltlichen Bewusstsein als Erkenntnis und
  Intelligenz ein.
- Die Versöhnung muss beiden Seiten gerecht werden, d.h. sie muss auf dem
  absoluten Inhalt bestehen und gleichzeitig die Forderung der Erkenntnis und des
  Begriffs erfüllen, der die endliche Form des Wissens aufheben muss.

Die Versöhnung in der absoluten Religion (Christentum)

- Das Bedürfnis der Versöhnung tritt in der absoluten Religion besonders hervor,
  da sie mit der absoluten Entzweiung der beiden Seiten des Bewusstseins beginnt.
  Die natürliche Einheit des Geistes ist in ihr zerrissen.
- Zuerst ist die Versöhnung nur für den Glauben, indem das Insichsein des Geistes
  ein Anderes ist gegen die Wahrheit. ‚Ich’ in der Trennung ist nicht die Wahrheit, die
  als selbständiger Inhalt der Vorstellung nur gegeben und damit autoritativ ist.
- Aber das Erkennen liegt in der absoluten Religion selbst, da der autoritative    
  Inhalt, der an sich Denken ist, dem Denken des in sich gegangenen ‚Ich’, dem
  Fürsichseienden, dargeboten ist. Das freie Selbstbewusstsein des Einzelnen ist das
  Prinzip der absoluten Religion und des Erkennens.
- Der an sich seiende Gedanke muss sich ausbreiten und die absolute Religion
  gibt so ihrem Inhalt Entwicklung.
- Der Inhalt ist am Anfang in der Form der Vorstellung, in der das Denken nur an sich
ist. Doch die absolute Religion, die die Erkenntnis in sich selbst trägt, hat das
Gefühl des religiösen Bewusstseins dem Wissen und der Reflexion gegenüber gestellt.
Damit tritt der Vorstellung, in welcher der gegebene Inhalt als Wahrheit ist,
  die Form des Wissens gegenüber, was den Zwiespalt der heutigen Zeit ausmacht.
  Hegels Philosophie tritt auf, diesen Zwiespalt zu überwinden.

Eigene Schlussfolgerungen

- Die Überwindung des Zwiespalts kann nur gelingen, wenn sich das in sich gegangene
  an sich freie Selbstbewusstsein seine eigene Welt schafft und den gegebenen Inhalt darin
  sowohl negiert (als autoritativ und absolut) als auch bewahrt (als Denken, Gedachtes, Vermitteltes).
- Die absolute Religion hat den Spaltpilz in sich selbst, d.h. sie ist nur absolut in ihrer
  aktiven Vervollkommnung, die zur Realisierung des in ihr an sich freien     
  Selbstbewusstseins und damit zu ihrer Aufhebung führt.
- Das Absolute ist ein Prozess von Absoluten, die sich jeweils auflösen und in ein anderes
  Absolutes übergehen. Diesen Prozess in seiner reinen begrifflichen Form nennt Hegel Gott,
  der sich in Natur und Geist Wirklichkeit gibt. 

 Die Stellung der Religionsphilosophie zur Philosophie und Religion

 Verhältnis der Philosophie zur Religion überhaupt

  1. These: Religionsphilosophie ist diejenige Betrachtung (Erkenntnis) der
  Philosophie, die die Religion zum Gegenstand hat. So verstanden, steht die
  Erkenntnis noch in der Entzweiung mit der religiösen Seite, wie sie oben dargelegt
  wurde und ist nur endliche oder äussere (Verstandes-)Erkenntnis.
 
  2. These: Dies ist ein kategorialer Widerspruch, denn die Religion als Gegenstand
  der Philosophie ist das Unendliche. Damit aber steht Religion grundsätzlich nicht im
  Widerspruch zur Philosophie, denn auch der Gegenstand der Philosophie ist das
  Unendliche: „der Inhalt, das Bedürfnis und das Interesse der Philosophie ist mit dem
  der Religion ein gemeinschaftliches“ und „die Philosophie expliziert daher nur sich,
  indem sie die Religion expliziert, und indem sie sich expliziert, expliziert sie die
  Religion.“ Beide haben dieselbe Tätigkeit, nämlich die Beschäftigung des
  denkenden Geistes mit der ewigen Wahrheit. Beide, das religiöse und
  philosophische Bewusstsein als geistige Tätigkeiten, durchdringen das Unendliche
  als ihren Gegenstand und leisten Verzicht auf ihre Besonderheit, Eigenes,
  Willkürliches. Grundsätzlich gleich sind somit sowohl der Gegenstand des
  Unendlichen als auch die Form des Versenktseins in den Gegenstand. In
  beiden, dem religiösen und philosophischen Bewusstsein, sind Gegenstand und
  Form vereint, womit die in These 1 gesetzte Entzweiung an sich aufgehoben ist.
 
  In der neueren Zeit ist der Gegensatz zwischen Philosophie und Religion 
  mehr anerkannt als die behauptete Einheit. Jedoch hat schon bei den Kirchenvätern
  eine Verknüpfung statt gefunden. Die Anfänge und Weiterbildung des Inhalts der
  christlichen Lehre gehen auf die philosophische Bildung der Kirchenväter (Platon,
  Neuplatoniker) und die scholastische Philosophie (Aristoteles) zurück. 

  3. These: Philosophie und Religion sind nicht nur identisch, sondern auch
  verschieden. Der Gottesdienst der Philosophie ist nicht gleich dem Gottesdienst der
  Religion. Er unterscheidet sich in der Art und Weise der Ausübung, wobei
  Ausübung sowohl die Form als auch den Inhalt umfasst, da erst beide in ihrem
  Zusammengehen die Tätigkeit des Gottesdienstes ausmachen. Der Unterschied in
  der Ausübung liegt im Nähern darin, dass die Philosophie den Gegenstand (Gott)
  als eins mit den unterschiedenen Bestimmungen fasst und in ihrem Gegensatze
  selbst als solchem die Einheit sucht als auch aus der Einheit die Gegensätze
  hervorgehen lässt und als Momente setzt. Unendliches und Endliches werden nicht
  einfach getrennt und wieder künstlich zusammengesetzt, sondern das Unendliche
  geht aus der Aufhebung des Endlichen hervor, und das Endliche bewahrt sein
  Recht als Moment des Unendlichen. Damit ist sowohl der endlichen Erkenntnis als
  auch dem absoluten Inhalt der Religion genüge getan, und die Entzweiung (These
  1) wird fruchtbar gemacht für die geistige Beschäftigung mit der ewigen Wahrheit,
  die Explikation des Unendlichen (These 2).

Hegel hebt somit die Religion auf in der begrifflichen Spekulation, die ihrem Inhalt
angemessen ist. Denn sie ist in ihrer Ausübung an sich schon das Spekulative,
  wenn auch noch „als Zustand des Bewusstseins, dessen Seiten nicht einfache
  Denkbestimmungen, sondern konkret erfüllte sind“. Darin aber ist noch die ganze
Härte der Entzweiung zwischen den Extremen des Denkens (der tätigen Allgemeinheit,
dem Unendlichen) und der Wirklichkeit als unmittelbares, besonderes, empirisches
endliches Selbstbewusstsein vorhanden, die die Religion „im Element der Allgemeinheit
flüssig macht und zur Versöhnung bringt“. Damit „bleibt sie immer dem Gedanken
[Philosophie] auch der Form und der Bewegung nach verwandt“. Der Unterschied zu der
ihr verwandten Philosophie liegt jedoch darin, dass die Versöhnung nur unzureichend
gelingen kann, da die Religion auf der Ebene des Bewusstseins verbleibt und damit
autoritative und unmittelbar an sich geltende Inhalte (Wahrheiten) der Form des
Bewusstseins gegenüber stehen lässt. Erst die Philosophie selber „als das schlechthin tätige
und den Gegensatz vereinigende Denken“ kann die wahrhafte Vermittlung des Endlichen
und Unendlichen aufzeigen, indem es beiden im Ganzen seiner Bewegung ihr Recht aufweist.
Die Philosophie, d.h. „das schlechthin tätige  und den Gegensatz vereinigende Denken“,
als denkende Betrachtung der Religion, als Religionsphilosophie, erhebt somit die Momente
der Religion selbst (Allgemeines des Denkens oder Unendliches und einzelnes endliches
Selbstbewusstsein) zu Gedanken. Damit erhebt sich die Frage, wie die Religionsphilosophie
„als ein Glied im System der Philosophie sich zu dieser überhaupt verhalte“.  

Verhältnis der Religionsphilosophie zum System der Philosophie

- Das Absolute in der neueren Philosophie ist noch nicht gleichbedeutend mit dem,
  was wir Gott nennen.
- Um die Verschiedenheit zu erkennen, muss gefragt werden, was Bedeutung selbst
  bedeutet. Die Frage nach der Bedeutung der Bedeutung ist die Frage nach zwei
  Entgegengesetzten.
  (1) Frage nach dem Innern, dem Zweck, dem allgemeinen Gedanken in Etwas
  hinter der Vorstellung des Etwas. Der Begriff von Etwas ist die Bedeutung, das
  Absolute, das logische Wissen Gottes. Hierin ist das Absolute gleichbedeutend mit
  dem Ausdruck Gott
  (2) Die Frage geht aber auch auf das Entgegengesetzte, nämlich auf die
  Vorstellung, die ‚hinter’ der Gedankenbestimmung liegt. Es wird ein Beispiel des
  Inhalts, der in (1) nur im Gedanken war, gefordert.
- Mit der Frage (1) hat die Religionsphilosophie die logische Idee der Philosophie
  gemein. Die logische Idee ist Gott wie er an sich ist. Das Wesen hält sich im
  Gedanken. Es ist Gott ‚vor’ seiner Realisierung.
- Mit der Frage (2) wird Gott auch als Geist, in seiner Erscheinung und
  Gegenständlichkeit betrachtet. Hier ist das erscheinende Wesen angesprochen, das
  Wesen, das sich Gegenständlichkeit gibt: die Manifestation oder das Dasein Gottes
  in der Gegenständlichkeit des Bewusstseins und Selbstbewusstseins der Religion.
- Die Religionsphilosophie enthält somit beides: die Weise der Vorstellung Gottes in
ihrer Gegenständlichkeit als auch seinen reinen Begriff. In der Religionsphilosophie
wird das Absolute oder Gott in der Form des reinen oder logischen Gedankens als auch
in der Form seiner Manifestation betrachtet. Damit entspricht die Religionsphilosophie
der Phänomenologie des Geistes, in der sie ein Moment ist: der Geist als Gegenständlichkeit
des Selbstbewusstseins entwickelt sich gemäss dem ihm inhärenten Begriff oder Gedanke,
denn die Gegenständlichkeit des Bewusstseins selbst ist der Begriff noch in seiner Trennung
von Form und Inhalt. Die Aufhebung dieser Trennung ist die Philosophie als  Wissenschaft
des logischen Begriffs, der nur in der Manifestation des Geistes erkannt wird, in der er immer
schon enthalten ist, und der sich als Ganzes, als absolute Idee, selbst notwendig manifestieren,
tätig werden muss in Natur und Geist. Dieser ewige Kreislauf allein ist das Absolute oder Gott.
Das Absolute ist nur als Weg des Absoluten zu fassen und: „Der Geist, der nicht erscheint, ist nicht.“
Gott, der nicht erscheint, ist nicht. Das Ding an sich, das nicht erscheint, ist nicht oder ist ein
Unding des Verstandes.
 - Gott ist das Resultat der andern Teile der Philosophie und in der Religionsphilosophie zum Anfang
   gemacht, zu unserem Gegenstand „als  schlechthin konkrete Idee mit ihrer unendlichen Erscheinung,
 - und diese  Bestimmung betrifft den Inhalt der Religionsphilosophie“, den wir in der Form der denkenden
   Vernunft betrachten. Damit aber bleibt noch zu betrachten die Stellung der Religionsphilosophie zur
   Religion wie sie sich als positive Lehre zeigt. Liegt diese ausserhalb des Gedankens und ihrer Erscheinung,
   ausserhalb des Geistes?  

Verhältnis der Religionsphilosophie zur positiven Lehre der
Religion (Kirche)

- In der protestantischen Kirche ist die Bibel die wesentliche Grundlage der Lehre.
- In dieser Lehre hat sich nun das Räsonnement geltend gemacht, d.h. der Verstand
  hat seine Kategorien a priori in die Erklärung der Lehre hinein genommen. Wo
  zuerst nur der Geist den Inhalt auffasst, setzen sich „Bestimmungen, Grundsätze,
  Voraussetzungen“ des räsonnierenden Gedankens fest. Dadurch entsteht eine
Vernunfttheologie, die sich dem Lehrbegriff der Kirche entgegengestellt. Man
bleibt nicht beim ursprünglichen Sinn der Lehre stehen, sondern die Erklärungen
erzeugen neue Gedanken, die den Inhalt verändern: es ändert sich nicht nur die
Form des Bewusstseins, sondern auch sein Gegenstand, dessen Sinn und Massstab
(Methode in der Phänomenologie des Geistes).
- Die Erkenntnis in der Aufklärung fasst das Unendliche auf endliche Weise „als ein
  Bestimmtes, als ein abstraktes Unendliches“ und schliesst daraus richtig, dass alle
  besondern Eigenschaften diesem Unendlichen unangemessen sind. Damit
  zerstört sie jedoch die Bestimmtheit der Religion als geistiges Phänomen. Gott ist
  arm, hohl und leer gemacht.
- Die Religionsphilosophie darf jedoch nicht dieser Vernunfttheologie oder
  Verstandesmetaphysik gleichgesetzt werden. Sie befindet sich nicht im selben
  Gegensatz zum Inhalt der Religion, in dem die frühere Beziehung des wirklichen
  Subjekts zu Gott nun abgesondert für sich steht und ein besonderer Standpunkt der
  Moral als eigene Wissenschaft dem nur Endlichen gegenüber tritt.
- „Hingegen die denkende Vernunft, die sich nicht mehr abstrakt hält, sondern vom
  Glauben des Menschen an die Würde seines Geistes ausgeht und vom Mut der
  Wahrheit und Freiheit getrieben wird, fasst die Wahrheit als ein Konkretes, als Fülle
  von Inhalt, als Idealität, in welcher die Bestimmtheit, das Endliche als Moment
  enthalten ist.“
- In der Religionsphilosophie als denkende Vernunft wird Gott als Geist aufgefasst
  und damit wesentlich als der Dreieinige, d.h. als die Einheit von drei Momenten,
  wobei das letzte Moment die ersten beiden in sich aufgehoben enthält: „So wird
  Gott gefasst, wie er sich zum Gegenstande seiner selbst macht und dann der
  Gegenstand in dieser Unterscheidung seiner mit Gott identisch bleibt, Gott sich
  darin selbst liebt.“ Gott ist nur Geist in seiner Dreieinigkeit, ansonst ist er leer.
- Das Wesen oder der Begriff des Geistes ist somit in der Lehre der Religion
  enthalten, so dass beide sich nicht entgegenstehen.
- Die Religionsphilosophie steht mit dem räsonnierenden Verstand und seinen fixen
  Voraussetzungen von endlichen Kategorien nicht auf gemeinsamem Boden, da
  diese vom Verstand nicht einer Kritik unterzogen werden. Kritik aber ist nicht einfach
  Auslösung der endlichen Kategorien, sondern ihre Aufhebung in angemesseneren
  Kategorien, d.h. sie führt „sein Reflektieren auf den Grund zurück, d.h. zum Affirmativen,
  worin es zugrunde geht, und komm(t) doch zu einem Inhalte, zu einer Erkenntnis der
  Natur Gottes, nachdem aller Inhalt bereits aufgehoben zu sein schien“.
- Die Vernunfttheologie oder Verstandesmetaphysik ihrerseits bestreitet die Legitimität
  der Religionsphilosophie als vernünftige Betrachtung der Religion, da sie „bei ihren
  eigenen regellosen, willkürlichen Reflexionen, welche die Philosophie nicht gelten
  lässt“ stehen bleibt und damit die Möglichkeit des Erkennens der Natur Gottes leugnet.
  Für sie ist Philosophie etwas Gespensterhaftes.
- Die Religionsphilosophie steht somit der Lehre der Kirche, der positiven Religion, viel
  näher als die Verstandesmetaphysik, weil sie ihren geistigen Inhalt bewahrt. Denn es
  gibt nicht zweierlei Vernunft und zweierlei Geist, nicht einen göttlichen und einen
  menschlichen Geist. Die menschliche Vernunft als Bewusstsein des Wesens des Geistes
  „ist Vernunft überhaupt, das Göttliche im Menschen“. Die Religion und ihre Gestaltungen
  können daher nicht ausserhalb dieser Vernunft liegen, und die im Denken vollbrachte
  Ausbildung der Vernunft in der Philosophie und Religionsphilosophie können „nicht von
  seinem Werk [des Geistes], das er in der Religion hervorgebracht hat, schlechthin 
  verschieden sein“.
- Um nicht in jenen fruchtlosen Gegensatz von Denken und Sein der Verstandesmetaphysik
  zu fallen, muss „der Mensch im vernünftigen Denken die Sache selbst in sich walten lassen,
  auf seine Partikularität Verzicht leiste(n), sich als allgemeines Bewusstsein verhalt(en)“, sich
  als geistiger Maulwurf erweisen.
- Die Kirche und Theologie können diesen Sukkurs der Philosophie, der Vernunft verschmähen,
  jedoch selber nicht den Zweispalt zwischen reflektierender Erkenntnis und Glauben aufheben.
  Der Wunsch oder die Notwendigkeit einer solchen Aufhebung und Versöhnung fordert das
  Recht der philosophischen Einsicht und Erkenntnis.
- Die heutigen Zeitprinzipien des religiösen und philosophischen Bewusstseins stehen der
  Religionsphilosophie feindlich gegenüber. Es sind der Standpunkt der Verstandesmetaphysik,
  der den Zwiespalt hervorgebracht hat und belässt sowie der daraus hervorgegangene Standpunkt
  des Gefühls, das sich in die Innerlichkeit zurückgezogen hat, „aber mit jener Metaphysik in dem
  Resultat übereinstimmt, dass jede Bestimmung dem ewigen Inhalt – denn er ist ja nur ein
  Abstraktum – unangemessen sei“.
- Jedoch sind diese beiden scheinbar gegnerischen Standpunkte in der Philosophie als solcher und
  in der Religionsphilosophie im besondern aufgehoben, so dass sie an sich schon das Prinzip und
  den Standpunkt der philosophischen Erkenntnis besitzen. Sie sind deshalb „das geschichtliche
  Element, aus welchem heraus das vollendete philosophische Denken sich gestaltet hat“ und
  deshalb diese Standpunkte selber als Momente enthält und ihrem unfruchtbaren Gegensatz entzieht.
  Auf diese Weise kann das philosophische Denken das Absolute denken, ohne in neue einseitige
  Abstraktionen zu fallen.
 

Der Begriff der Religion

 - Der Anfang der Religionsphilosophie ist der noch eingehüllte Begriff der Religion
   selbst. Es geht nicht darum, einen der Religion fremden Begriff an den Anfang zu
   setzen.
 - Der Begriff umfasst den Gegenstand der Religion – Gott als die absolute Wahrheit –
   und das Wissen der Religion von Gott als absolutes wahres Wissen. Die Einheit
   dieser beiden ist der begriffliche Anfang, das erste Absolute.

Von Gott

- Gott ist am Anfang nur ein abstrakter Name, der noch keinen wahrhaften Gehalt bekommen hat.
- Zwar sind Vorstellungen von Gott vorhanden, doch erst die Religionsphilosophie
  ist die Entwicklung dessen, was Gott ist aus seinem anfänglich noch eingehüllten
  Begriff, der aus sich selber heraus – seiner Einheit und seinem Gegensatz von
  Gegenstand und Wissen - entwickelt werden muss. Die Vorstellung hat ihren
  Gegenstand als fester ausserhalb ihrer. Die kritische Entwicklung des Begriffs Gottes
  geht daher hinter ihrem Rücken vor sich.
- Der Anfang ist noch ganz das Allgemeine und Abstrakte, da noch keine Inhalte
  entwickelt sind. Dieses Allgemeine ist jedoch nicht nur ein subjektiv Allgemeines,
  das später beim Übergang ins Konkrete, Inhaltsvolle wieder verlassen wird, so
  dass nur noch das Bestimmte ist. Es erhält sich als Allgemeines, als „absolute,
  dauernde Grundlage“ der Entwicklung der Bestimmtheiten, der Setzung von Grenzen.
  Der Anfang ist somit als objektiv als auch subjektiv zu nehmen, nur so kann das
  Allgemeine seine Bestimmtheiten (Grenzen etc.) aus sich als seine Momente entlassen.
- Gott ist keine abstrakte Allgemeinheit, „ausserhalb welcher das Besondere, gegen
  welches das Besondere noch selbständig wäre“. Gott als das in sich Konkrete ist nur Einer,
  der seine Konkretheit erst in seinen Bestimmungen, in der Entwicklung seines Begriffs
  entfaltet. Als Einer steht er nicht im Gegensatz zu vielen Göttern.
- Der erste Inhalt Gottes ist sein Einssein. Damit ist er Substanz, „die allein wahrhafte
  Wirklichkeit“. Alles andere ist nicht für sich wichtig. Dieser Gedanke ist Spinozismus,
  sofern er so abstrakt festgehalten wird.
- Aber die Allgemeinheit Gottes ist auch reine Beziehung auf sich selbst, d.h. Geist,
  der im Andern bei sich bleibt, eins bleibt, Idealität von allem Besondern,
  Durchsichtigkeit, und nicht nur Einheit der absoluten Wirklichkeit. Die Allgemeinheit
  Gottes ist somit mehr als nur Substantialität, die noch gar nicht von der Subjektivität
  unterschieden ist (siehe auch Übergang von der ‚Wirklichkeit’ in der Wesenslogik in
  den ‚Begriff’ in der Subjektiven Logik).
- Gott als das schlechthin Allgemeine und Eine ist für das Denken und das
  Denken allein. Nur das Denken kann Gott als das Eine, das im Andern Eins bleibt
  – das Allgemeine in seiner Tätigkeit, Wirksamkeit - fassen.
- Das Denken ist am Anfang noch absorbiert in diesem Einen, Allgemeinen, an und
  für sich Seienden. In dieser Anfangsbestimmung, die schon wahrhafte, absolute
  jedoch noch nicht entwickelte Bestimmung ist, „bleibt Gott bei aller Entwicklung
  absolute Substanz“, die Einheit der absoluten Wirklichkeit. Die Subjektivität ist noch
  nicht von der Substantialität unterschieden.
- Dieses Eine, Allgemeine ist der Ausgangspunkt. Es ist weder ein „blosser Boden,
  aus dem Unterschiede erwachsen“, noch „ein träges, abstrakt Allgemeines“. Alle
  Unterschiede bleiben in ihm eingeschlossen, und so ist es „der unendliche Trieb
  und Quellpunkt, aus dem alles hervor- und in den alles zurückgeht und ewig darin
  behalten ist“.
- Diese Vorstellung von Gott wird als Pantheismus bezeichnet, die Vorstellung der
  Substantialität. Auch das absolute Subjekt oder der Geist ist hier nur als Substanz
  bestimmt. Aber der Geist „ist nicht nur Substanz, sondern in sich auch als Subjekt
  bestimmt“. Die Darstellung dieser Beziehung macht die spekulative Philosophie
  aus, die deshalb nicht als Pantheismus oder Spinozismus bezeichnet werden darf,
bei dem der Geist in der Substanz eingeschlossen bleibt, sich nicht in den
Unterschied oder Gegensatz zu ihr setzt.
- Die spekulative Philosophie ist auch nicht Identitätsphilosophie, obwohl die
  Substanz  Identität mit sich ist. Aber sie ist auch Geist, der keine abstrakte Einheit
  ist, sondern die „Bestimmung dieser Einheit in sich“, gleichgültig „ob sie als
  Substanz oder Geist bestimmt ist“, die am Anfang des Prozesses der
  Bestimmungen eins sind.
- So ist „die ganze Philosophie nichts anderes als das Studium der Bestimmung der
  Einheit“, oder anders ausgedrückt: Gott, das Allgemeine, das Eine ist das Logische
in der Reihenfolge seiner Bestimmungen, die absolute Idee als Ganzes ihrer
logischen Momente, die sich in den Erscheinungen der Natur und des Geistes
Realität gibt, nur in diesen Erscheinungen ist und erkannt werden kann und ohne
diese nichts ist. Es gibt kein Ansichsein hinter den Erscheinungen.
- „Ebenso ist die Religionsphilosophie eine Reihenfolge von Einheiten, immer die
  Einheit, aber so, dass diese immer weiterer bestimmt ist.“ Entscheidend ist der
  Unterschied dieser Bestimmungen der Einheit, d.h. die Logik ihrer fortlaufenden
  Bestimmung.
- Am Anfang ist keine Unterschied vorhanden, Subjekt und Objekt, Geist und
  Substanz sind eins. Die Einheit ist das erste Absolute. Daraus tritt „der Unterschied
  überhaupt hervor, der als geistiger Unterschied Bewusstsein ist, und damit erst
  fängt die Religion als solche an“. Die anfängliche absolute Allgemeinheit, das Eine
  geht ins Urteil über, d.h. setzt sich als Bestimmtheit. Dadurch wird Gott Gegenstand
  des Bewusstseins, „Geist für den Geist“. Das Denken des Allgemeinen tritt in ein
  Verhältnis zu seinem Gegenstand. Seine anfängliche Absorbierung in der Substanz
  wird zum Unterschied und Gegensatz. Damit beginnt die Entwicklung der
  Bestimmungen als spekulatives Denken.

 Das religiöse Verhältnis

- Weil Gott wesentlich Geist ist, kann er nicht unabhängig vom subjektiven Geiste,
  vom Bewusstsein betrachtet werden. Gott ist weder nur objektiv gegeben
  (Mittelalter), noch nur im Subjekt als vage Vorstellung ohne Objektivität, ohne
  Wissen von ihm (Neuzeit). Religion ist im religiösen Verhältnis und als solches in
  der Religionsphilosophie zu betrachten.
- Die Notwendigkeit der Religion und des religiösen Verhältnisses kann weder aus
  der Empirie noch aus einer bedingten Notwendigkeit, dass die Religion Zweck für
  etwas Anderes sei, heraus bewiesen werden.  Beide machen die Religion zu etwas
  rein Äusserem und Zufälligem.
- Die absolute Notwendigkeit der Religion ergibt sich durch die Entwicklung der
  Bestimmungen des Geistes, die dieser selber setzt. Der Inhalt der Religion und das
  Bewusstsein darüber setzen ihre Bestimmungen und die Entwicklung dieser
  Bestimmungen aus sich selber heraus. Das spekulative Denken zeigt die logische
  Notwendigkeit der Entwicklung auf und verfolgt dabei die Übergänge von einer zu
  einer andern Bestimmung aufgrund der mangelhaften Vermittlung auf einer
  bestimmten Stufe des geistigen Verhältnisses.
- So ist die Bewegung des Denkens auch die Bewegung der Sache. Das Unendliche
  kann nicht durch die subjektive und willkürliche Aufhebung von Grenzen bewiesen
  werden, sondern nur durch die Aufhebung des Endlichen durch sich selbst im
  Durchgang durch alle seine Verhältnisse von Bewusstsein und Inhalt. Damit wird
  das Endliche zu Momenten des   Unendlichen, das andernfalls als Abstraktion selber
  nur Endliches wäre.
- Es sind somit zwei Seiten zu betrachten: Zum einen, was der Geist als Bewusstsein
  ist, was er selber auf einer bestimmten Stufe seiner Entwicklung weiss, was er ist
  und ihm als zufällig erscheinen mag, zum andern „die Notwendigkeit, dass diese
  Welt für ihn geworden ist“. Dieses Werden und Gewordensein ist nicht für den Geist
  auf einer bestimmten Stufe der Entwicklung, „geht im Geheimen gegen ihn vor, ist
  nur für die philosophische Betrachtung“ (S. 112), d.h. die logische Betrachtung des
  Geistes als sich entwickelnder Begriff.
- Das spekulative Denken versetzt somit die Bewusstseinsinhalte, die Inhalte der
  Vorstellung, in einen inneren logisch notwendigen Zusammenhang. (von S. 112 auf
  S. 151 gesprungen), ohne dabei von den Inhalten des Bewusstseins, vom Geist wie
  er sich selber betrachtet, einfach zu abstrahieren und ihm damit subjektive
  Denkkategorien aufzuzwingen, die seine Inhalte, statt sie zu entwickeln, sich
  unterwerfen und dabei als ihm fremde Kategorien willkürlich verändern.  

Die Notwendigkeit und Vermittlung des religiösen Verhält-
nisses in der Form des Denkens (S. 151 ff)

- Die Notwendigkeit, das religiöse Verhältnis in Form des spekulativen Denkens zu
erfassen und seine Momente im Begriff zu vermitteln, muss über zwei dieser
Form vorausgehenden Erscheinungsweisen des Denkens aufgezeigt werden:
(1)   Wie das Denken als innere Dialektik der religiösen Vorstellung schon erscheint
(2)   Wie das Denken als Reflexion die Momente des religiösen Bewusstseins zu vermitteln sucht
- Nur über diese beiden vorausgehenden Stufen des Denkens geht  
  das spekulative Denken, die vernünftige Betrachtung der Endlichkeit, im Begriff
  selbst als notwendige Form der Vermittlung des religiösen Bewusstseins hervor.
  Andernfalls wäre es selber nur subjektiv und willkürlich. Dasselbe Vorgehen liegt
  der Wissenschaft der Logik zugrunde: Die Logik des Begriffs basiert auf der Logik
  des Seins und der Reflexion (Wesen).

(1) Das Denken als innere Dialektik der Vorstellung

- Die Vorstellung als wesentliche Form des religiösen Bewusstseins kann ihre
  sich widersprechenden Bestimmungen von Gott nicht in der Einheit behalten,
  Einheit und Bestimmungen widersprechen sich für die Vorstellung grundsätzlich.
  Entweder ist die Einheit oder sind die (endlichen) Bestimmungen. Wenn die Einheit
  gesetzt ist, verschwinden die Bestimmungen und umgekehrt. Erst das Denken,
  kann diese innere Dialektik der Vorstellung zum Bewusstsein bringen. Die
  Seinslogik als objektive Logik des noch äusseren nur an sich seienden Begriffs ist
  die Manifestation dieser inneren Dialektik.
- Der Widerspruch der religiösen Vorstellung kann auch durch das abstrakte
  Denken des Verstandes aufgezeigt werden. Dies ist das Geschäft der Aufklärung,
  das den in den sinnlichen und natürlichen Bestimmungen der religiösen Vorstellung
  noch vorhandenen Gedanken des Allgemeinen (Einen) auch zu etwas nur
  Endlichem macht und so für einen Irrtum erklärt. Darin ist einerseits noch die eigene
  Dialektik der Vorstellung enthalten, was die Wichtigkeit der Aufklärung des
  Gedankens hervorhebt, andererseits erfährt diese Dialektik durch den abstrakten
  Verstand und seine fremden Kategorien eine formelle Willkür, die ihr fremd ist, sie
  zerstört, statt ins spekulative Denken überzuführen.

(2) Das Denken als Reflexion und Beobachtung (S. 176ff)

- Der Standpunkt der Reflexion geht über den Standpunkt des unmittelbaren
  religiösen Bewusstseins hinaus. Dabei tritt die Endlichkeit in einen bestimmten
  Gegensatz zur Unendlichkeit. An diesem Gegensatz hält die Reflexion fest.
- Das Fortgehen zum Unendlichen ist nur eine abstrakte Negation des Endlichen, das
  nicht im Unendlichen aufgehoben ist, sondern nur negiert worden ist. Die
  Abstraktion wird so selbst zum Endlichen.
- Es stehen sich zwei Endliche gegenüber, das erste ist „ein verschiedenes,
  mannigfaltiges Aussereinander, von denen jedes ein Besonderes, Beschränktes
  ist“, das zweite ist „das Allgemeine in dieser Vielheit“ – die Vorstellung.
- Die Vielheit wird unter die Einheit gezwungen und muss ihren Charakter aufgeben.
- Die Vielheit ist nur noch Schein und wird vom Ich, der abstrakten Subjektivität,
  zusammengehalten. Alles ist vom Ich gesetzt.
- Damit ist die absolute Behauptung des Endlichen in der Reflexion erreicht: Ich als
  die unmittelbare Negativität, die unmittelbare Einzelheit in ihren Gefühlen,
  Meinungen etc. ist „in allem Inhalt die unmittelbare Beziehung auf sich selbst. Für
  die abstrakte Subjektivität sind keine objektiven Inhalte mehr. Sie ist das Affirmative
  und in diesem unmittelbaren Sein das Wahre (S. 180, 181).
- Konnten in der Vorstellung des religiösen Bewusstseins die Widersprüche der
  Bestimmungen nicht in einer Einheit zusammengefasst, sondern immer nur
  erneuert werden, lässt die Reflexion den Widerspruch selbst verschwinden in der
  absoluten Entgegensetzung der Einheit des abstrakten Subjekts, des absolut
  Idealisierenden, und der Vielheit der Inhalte und Bestimmungen (Kantscher
  Dualismus und Moralismus). Alle objektiven Inhalte, Unterschiede, Bestimmungen
  des Bewusstseins sind aufgehoben und nur durch die Reflexion und Abstraktion
  des Subjekts in seinem unmittelbaren Sein gesetzt (Kopernikanische Wende der
  Verhältnisses von Subjekt und Objekt).
- Damit wird das Ich als Endliches und Unmittelbare zu einem Unendlichen und das
  Wissen von einem Höheren ist nur noch Rührung und Belieben. Die Einzelnen
  verbindet nichts objektiv Gemeinsames mehr (S. 182). Ein solches müsste ein
  selbständiges Sein haben, ein eigenes Affirmatives sein, vermittelt nicht durch ein
  abstraktes Subjekt, sondern durch das Allgemeine in ihm, welches das objektiv
  Gültige und die subjektive Tätigkeit als Momente in sich aufhebt. Darin erhält das
  Subjekt Inhalte, die es nicht aus seiner Endlichkeit und Leerheit selber setzt, und
  der Inhalt ist nicht mehr nur Vorstellung von etwas objektiv Gegebenen, sondern
  durch das subjektive Moment vermittelt.
- Dies Allgemeine ist der vernünftig organisierte Staat und die Bildung, die beide
  aus einem Verhältnis des Bewusstseins hervorgehen müssen, welches weder das
  Endliche neben dem Unendlichen stehen lässt (religiöse Vorstellung), noch die
  Einheit beider lediglich im abstrakten Gedanken gegen die Vielheit setzt und
  die Widersprüche zwischen den beiden im Subjekt auflöst, seiner Unmittelbarkeit
  alleine zur Aufgabe macht (Dualismus von Subjekt und Objekt, Moralität als
  unmittelbare Einheit von Einzelnem in seiner Besonderheit und Allgemeinem).
- Die Reflexion steht auf dem subjektiven Standpunkt der Einheit von Endlichem und
  Unendlichem, „und statt das für sich haltungslose Einzelne in die Allgemeinheit zu
  versenken und die Affirmation in ihrer absoluten Allgemeinheit aufzufassen, in
  welcher sie das Einzelne in sich schließt, fasst sie die Einzelheit selbst unmittelbar
  als das Allgemeine. Dies ist der Mangel dieses Standpunktes. Die Gegensätze
  können nur beurteilt werden, wenn man sie auf den letzten Gedanken zurückführt.“
  (S. 184)

(3) Die vernünftige Betrachtung der Endlichkeit (S. 186ff) 

- Der notwendige Übergang von der Reflexion in die vernünftige Betrachtung der
  Endlichkeit ist dialektisch zu fassen. Es ist der Übergang von der Wesenslogik in die
  Begriffslogik.
- Dialektisch bedeutet die Konsequenzen des vorherigen Standpunkts der Reflexion
  aufzuzeigen. Die sich ergebenden Widersprüche werden in einem Dritten
  aufgehoben. Es geht also nicht darum, den Standpunkt der Reflexion zu negieren,
  sondern ihn mit dem Standpunkt der objektiven Wahrheit des Bewusstseins zu
  versöhnen. In der Logik werden Sein und Wesen im subjektiven Begriff aufgehoben,
  der das Objektive aus sich selber heraus setzt.
- Der Standpunkt oder die Freiheit der Reflexion sagt, dass nur das endliche Ich das
  Affirmative und Wahre ist, sie lässt nichts Objektives in sich entstehen, da ein
  solches für sie etwas Fremdes wäre. Gleichzeitig will sie das Endliche aufheben im
  Allgemeinen, bleibt aber beim abstrakt Allgemeinen, bei der abstrakten Identität
  stehen, die nur durch die Negation des Endlichen zustande kommt. Dieser
  Standpunkt enthält deshalb einen Widerspruch, der nach einer Weiterentwicklung
  des Standpunkts ruft.
- Zur Aufhebung dieses Standpunkts muss das endliche Ich auf sich Verzicht tun und
  ein Objektives anerkennen, „welches in der Tat und Wirklichkeit für mich als Wahres
  gilt, welches anerkannt ist als das Affirmative, für mich gesetzte, in welchem ich als
  dieses partikulare Ich negiert bin, worin aber meine Freiheit zugleich erhalten ist“ (S.
  186).
- Soll ein Objektives anerkannt werden, darf das Ich nicht abstrakte Identität sein,
  sondern muss als Allgemeines bestimmt sein. Diese Bestimmung ist der Prozess
  der Objektivierung, d.h. der Prozess der Versenkung in die Sache, die als Gedanke
  im Gedanken zu erfassen ist.  Es kommt somit darauf an, die Bewegung des
  Begriffs in der Sache aufzuzeigen. Dies bedeutet auch, aus dem Einzelnen heraus
  das Allgemeine zu erkennen und umgekehrt aus dem Allgemeinen das Einzelne
  herzuleiten. Induktion und Deduktion können im Prozess der Erkenntnis nicht
  einfach getrennt werden, sondern sind Momente der Entwicklung von Wissen,
  Momente der Bewegung des Begriffs.
- Damit ist der Standpunkt der denkenden Vernunft erreicht, die sowohl in der
  Religion als auch in der Philosophie tätig ist, in der Religion noch unbefangen in der
  Weise der Vorstellung und Andacht (Gedachtem), in der Philosophie in der Form
  der Bewegung des Denkens.
- Der Standpunkt der denkenden Vernunft ist nicht nur unmittelbares Wissen von
  Gott. Das unmittelbare Wissen bleibt bei der Reflexion stehen, dass das Objekt des
  Allgemeinen (Gott) nur im Gefühl bestimmt ist, da jede weitere Reflexion es wieder
  in die Endlichkeit und Besonderheit zurückversetzen würde. Es ist dies die
  Konsequenz des Standpunkts der Reflexion, die bei der abstrakten und leeren
  Subjektivität und Unendlichkeit stehen bleibt und damit für die Bestimmung der
  wahrhaften Unendlichkeit nur die Form des unmittelbaren Gefühls gelten lassen
  kann. Damit ist jedoch nichts Objektives gewonnen. Das unmittelbare Wissen für
  sich ist auch nur ein subjektiver Standpunkt, es kommt nur zur subjektiven
  Gewissheit, nicht jedoch zur Wahrheit (Objektivität, konkretes Allgemeines).
- Der Standpunkt des unmittelbaren Wissens ist ein vorzeitiges Abbrechen der
  Reflexion, der Vermittlung des Denkens, sobald das wahrhafte Unendliche
  und Objektive aus dem Endlichen heraus bestimmt werden soll. Deshalb ist das
  unmittelbare Wissen ein Moment des spekulativen Denkens, jedoch kein absolutes
  Wissen. Auch in Hegels Logik geht die Vermittlung ins Unmittelbare über, das dann
  wieder eine erneute Vermittlung erfährt. Das unmittelbare Wissen gehört zum
  Standpunkt der denkenden Vernunft, und damit sowohl zur Religion als auch zur
  Philosophie. Es geht aber aus der Vermittlung hervor, aus der Vermittlung der
  Vermittlung, der Negation der Negation, der Reflexion auf die Reflexion und eben
  nicht aus der einfachen Negation der Reflexion. Das grösste Kunstwerk ist
  dasjenige, das durch die grösste Vermittlung hindurch gegangen ist und nur so als
  unmittelbares Ganzes erscheint.
- In der vernünftigen Betrachtung des Endlichen ist „der Gegenstand das Wesen, das
  Seiende für das Subjekt“ (S. 188). Die Beziehung auf den Gegenstand ist das
  Denken des Subjekts. Es ist diese Beziehung, die das Dialektische und Spekulative
  in sich selbst hat und deshalb vom Philosophen in der entsprechenden Form
  betrachtet und entwickelt werden muss.
- Die Beschäftigung mit dem konkreten Allgemeinen ist „Wirken und Leben in der
  Objektivität“ (S. 189). Nur so kommt das Subjekt zu einer wahrhaften Anerkennung
  des Endlichen und seiner Grenzen und geht dabei (weil es mit der Grenzsetzung
  über die Grenze sieht und dies, was es sieht nicht als Ansich stehen lässt wie der
  grosse Kant) über seine Besonderheit hinaus ins konkrete Allgemeine seiner selbst
  und des Gegenstandes.
- In der Andacht und im Denken des Allgemeinen leiste ich auf mich als Partikulares
  verzicht. Das Allgemeine greift über das Partikulare. Damit aber bewahre ich gerade
  mein Selbst als Partikulares, da nun das Allgemeine aus mir herausgesetzt ist als
  objektiv Gültiges.

(4) Übergang zum spekulativen Begriff der Religion (S. 192 ff) 

- Der spekulative Begriff ergibt sich aus der Beziehung zwischen Subjekt und Objekt,
  zwischen Subjekt und Prädikat.   Beide sind nicht einfach Feste, die mit ‚ist’
  gleichgesetzt werden und deren Identität wahr oder falsch ist. Hier ist die Wahrheit
  etwas Statisches und als gegeben vorausgesetzt. Bei Hegel sind Bestimmungen
  nur Momente des Prozesses des Denkens des Allgemeinen. Das ‚ist’ hat nur die
  Bedeutung „der Tätigkeit, Lebendigkeit und Geistigkeit“ (S. 192). Es ist ein ‚werden’,
  das immer auch die Negation in sich hat. Jede Bestimmung ist somit einseitig und
  wird über die Reflexion in eine andere ebenso einseitige, aber reichere Bestimmung
  überführt:
Wenn das Sein allein als das Grundlegende betrachtet wird, sind diese Bestimmungen
nur ein Übergehen von einer zu einer weiteren Bestimmung ohne Aufhebung beider
in ihrer Einheit. Das Widersprüchliche und Unbefriedigende einer Bestimmung kann
auf diesem Standpunkt nur gelöst werden durch das von „uns“ logisch begründete
Übergehen in eine weitere Bestimmung.
Wenn die subjektive Seite oder Form der Bestimmung als das Grundlegende gilt, dann
entstehen Verhältnisse der Reflexion nach innen und nach aussen, deren Einheit und
Verschiedenheit nicht gleichzeitig als Momente im Begriff gedacht werden. Das Resultat
davon ist der unaufgelöste Gegensatz der Leerheit der absolut gesetzten subjektiven
Identität und der reinen Notwendigkeit des Seins.
Erst wenn der Begriff, die Einheit von Sein und Form, als das Grundlegende genommen wird,
ist die Differenz in der Einheit bewahrt und umgekehrt. Die Bewegung des Begriffs von
Bestimmung zu Bestimmung ist dann keine äussere mehr, sondern nur Bewegung der Momente
des Begriffs selbst oder seine eigene Entwicklung, die Freiheit.
- Gott kann nicht nur als das Unendliche gedacht werden. Das Unendliche,
  Unbegrenzte, gesetzt im Denken, aber abgesondert von der Bewegung des
  Begriffs, ist nur Abstraktion. Höher steht die Grenze, die sich selbst begrenzt, die
  Bestimmung, welche Tätigkeit ist nach Aussen in die Vielheit und zurück in die
  Einheit.
- Die Kritik lautet, „durch Endliches Unendliches erfassen zu wollen“ (S. 193) ist 
  unmöglich. Doch von dieser absoluten Dichotomie hat sich das spekulative Denken
  zu befreien, ohne dabei die Widersprüche einfach unter den Teppich zu kehren.
- Möglichkeit und Unmöglichkeit betreffen „das Innere, den Begriff eines
  Gegenstandes“ (S. 194). Sie fallen nicht in die Sphäre des wahrnehmenden
  Bewusstseins, das seinen Gegenstand nur als etwas Äusseres beobachtet und
  damit den Standpunkt der Endlichkeit einnimmt. Dieser wird ihm zum Massstab der
  Möglichkeit, der den Begriff einer Sache bestimmen soll: „unmöglich sei das, was
  wider die Erfahrung gehe“ (S. 194).
- Doch gibt es auch die Sphäre des Bewusstseins eines Absoluten, sei es in Form
  der unbefangenen Religiosität, der Andacht, sei es in Form der philosophischen
  Erkenntnis. Diese Sphäre kann auch beobachtet werden und hat als solche einen
  ihr angemessenen Begriff, der notwendigerweise über denjenigen des
  wahrnehmenden Bewusstseins hinausgeht. Dies zu bestreiten, ist eine willkürliche
  Setzung einer Grenze, die im Grunde genommen schon durch die Setzung selbst
  überschritten ist und damit nach einer weitern Begriffsbestimmung verlangt, die
  auf dem Standpunkt der willkürlichen Grenzsetzung zwar verweigert werden kann,
  jedoch nur unter Verlust von Wirklichkeit und Objektivität.
- Die Inhalte der affirmativen religiösen Empfindung (Andacht) und des erkennenden,
  beobachtenden, negativ bestimmten Bewusstseins können zwar unterschieden
  sein. Das ist denn auch der Ausgangspunkt für den Ausgleich des Erkennens
  (Reflexion nach aussen) und des Selbstbewusstseins (Reflexion nach innen), „was
  ich als Geist an und für mich selbst bin“ (S. 195), im Bewusstsein selbst. Diese
  Angleichung ist eine dialektische und kann nur spekulativ erfasst und demonstriert
  werden, wobei weder die Reflexion nach aussen noch diejenige nach innen einfach
  getrennt werden dürfen, so dass die eine die andere lediglich negiert. Das Endliche
  und Unendliche stehen in einer gegenseitigen Abhängigkeit, die im Zuge ihrer
  Entwicklung offen gelegt wird.
- Der Boden der Andacht ist das Denken, der Geist als denkend. Er liefert der
  religiösen Empfindung den Inhalt. Gott ist der Inhalt für die Andacht, das Allgemeine
  für das Allgemeine, der Geist für das Denken. Beobachtet werden kann nur das
  Endliche, nicht das Allgemeine, es muss im Begriff erfasst werden. Das Endliche ist
  nur das Äusserliche, was in der Beobachtung äusserlich bleibt, es „ist nur insofern
  gesetzt, als es sich selber äusserlich ist“. Der Standpunkt der Endlichkeit taugt nicht
  für die Entwicklung des Allgemeinen im Denken. 
- So darf die Beobachtung „nicht mehr Beobachtung der Sache, sondern muss die
  Sache selbst sein. Die Beobachtung des Unendlichen ist die (ist in der)
  Beobachtung des spekulativen Denkens, das nur für den Denkenden selbst ist,
  sowie der Fromme in seiner Frömmigkeit das ist, was er beobachtet.
  [Deshalb sind das Sein und das Nichts am Anfang der Andacht und des
  spekulativen Denkens eins, und in der Einheit ihres Einsseins und ihres
  Gegensatzes (als Beobachtendes) sind sie Momente des Werdens. Die ganze
  Philosophie und Logik Hegels sind nichts anderes als das Aufzeigen des Werdens
  des (im) Begriff(s). Wenn er ins Dasein, die erste Bestimmtheit, übergeht, ist dieses
  Übergehen nicht ein Verlassen des Werdens, sondern nur das Verlassen der
  anfänglichen Bestimmungslosigkeit des Werdens. Deshalb ist das Dasein ein
  einseitiger Begriff. Es ist das Werden in der Bestimmung des Seins, das ihr
  Nichtsein (als Endliches) in qualitativen Bestimmungen erst wieder hervorbringen
  muss, daran scheitert, d.h. in ihnen die Identität des Begriffs nicht erreichen kann
  und deshalb durch die Negation der Negation (Qualität) ins reine Fürsichsein - ins
  anfängliche reine Sein, das durch die qualitative Bestimmung hindurchgegangen ist
  - übergeht, dabei jede Qualität verliert und als quantitative Identität, als Eins, in
  weitere quantitative Bestimmungen übergehen muss, die das Verlorene wieder
  einholen, jetzt aber nicht mehr in der unmittelbaren qualitativen Bestimmung,
  sondern als quantitatives Verhältnis, in der quantitativen Vermittlung.]
- Der Beobachter steht damit in einem Verhältnis zum Gegenstand. Dieses Verhältnis
  ist nicht einfach nur negativ oder äusserlich zum Gegenstand, sondern bildet ein
  Absolutes, das als solches in seinem Übergehen in ein anderes Verhältnis, ein
  anderes Absolutes, beobachtet werden kann. Diese Beobachtung ist das
  spekulative Denken, das diese Verhältnisse und Vermittlungsversuche
  nachvollzieht und die formellen Übergänge aus der Logik der Entwicklung heraus,
  welche die Logik der Freiheit ist, selber setzt.
- Der spekulative Begriff ist die unendliche Beobachtung, in welcher der
  Standpunkt der Reflexion nicht einfach aufgelöst ist, sondern als Motor dient für
  das Übergehen von einer endlichen Bestimmung in die nächste. Damit ist der
  absolute Gegensatz von Endlichkeit und Unendlichkeit überwunden und der Weg
  der Versöhnung und Vermittlung beider kann beginnen. So lässt sich der wahrhafte
  Begriff der Religion, der ein spekulativer ist, aufschliessen und entwickeln.

(5) Der spekulative Begriff der Religion (S. 196 ff) 

- Das spekulative Begriff beginnt dort, wo das Bewusstsein, das seinen Gegenstand
  ausser sich setzt, „als Moment in das Sein des Geistes“, des Selbstbewusstseins
  fällt. Damit wird der Gegensatz zwischen den beiden aufgehoben, d.h. negiert und
  in der Entwicklung des Begriffs des Geistes bewahrt als Motor (Reflexion) seines
  Werdens.
- Der Unterschied und Gegensatz fällt so in das Sein des Geistes seines
  Selbstbewusstseins selbst, das sich selber unterscheidet, sich entfremdet und das
  Andere, das es sich gegenübergestellt, wieder in seine Einheit zurückholt (Andacht,
  spekulatives Denken).
- Hegel ist kein Mystiker. Das spekulative Denken, der spekulative Begriff ist durch
  die Aufklärung hindurchgegangen, d.h. geht durch das Endliche hindurch, ist nicht
  ein Sprung ins Jenseitige und seine Verklärung. Dasselbe passiert in der Logik: Der
  Begriff als Begriff muss durch den unmittelbaren Begriff des Seins, seine
  unmittelbare Wahrheit, und die für sich seiende, in Verhältnissen und Gegensätzen
  sich tummelnde Reflexion hindurch erreicht werden, und bewahrt beide in sich.
- Der Geist ist nur insofern absoluter, als er sich selber weiss. Ansonsten wäre er nur
  verstandesmässige Abstraktion.
- Wissen seiner selbst kann er nur werden, wenn er sich verendlicht, d.h. ins Dasein
  übergeht:
  „So ist die Religion Wissen des göttlichen Geistes von sich durch Vermittlung des
  endlichen Geistes. In der höchsten Idee ist demnach die Religion nicht die
  Angelegenheit eines Menschen, sondern sie ist wesentlich die höchste Bestimmung
  der absoluten Idee selbst.“ (S. 198)
- Gott ist somit als absoluter Geist zu fassen, der als Wissen seiner selbst alle
  Wahrheit ist und als solche den ganzen Reichtum „der natürlichen und geistigen
  Welt in sich fasst“ (S. 198). Diese Bestimmung der Unendlichkeit als logischer
  Begriff ist die absolute Idee, die alle früheren Bestimmungen auf dem Weg zu ihr in
  sich enthält. Damit ist Gott der endlichen Vorstellung entzogen und wahrhaft als
  Absolutes gefasst, das immer nur ein Werden seiner selbst ist durch die Endlichkeit
  hindurch.
- Der Inhalt der Religion, der absolute Geist, der sich selbst zum Gegenstand hat und
  im Andern bei sich bleibt, ist zwar ein Resultat des Gangs des Bewusstseins im
  unmittelbaren Sein und der Abstraktion des Seins in der Reflexion. Obwohl
  Resultat, ist er das Absolute, weil er die Momente des Gangs des Bewusstseins in
  sich vereint und ohne diese selber nur eine Abstraktion wäre. Am Anfang jedoch ist
  der Inhalt der Religion wiederum nur eine leere Einheit und Unmittelbarkeit, die
  erneut expliziert werden und sich Dasein geben muss. Dabei durchlaufen sie und
  ihr Gegenstand erneut die Stufen des vorher von ihr abgespaltenen Bewusstseins,
  jedoch jetzt in der Idee Gottes bleibend und aus dieser Idee heraus. Aus der
  Perspektive der reinen Logik betrachtet, sind wir jetzt auf dem Standpunkt des
  Begriffs, der seine Momente aus sich selber heraus entwickelt und nicht länger im
  unmittelbaren Sein seine Bestimmungen sucht (nur an sich ist) oder in der Reflexion
  nur in endlichen Gegensätzen verweilt (nur für sich ist):
  „Die konkrete Erfüllung des Begriffs der Religion ist nun seine Produzierung durch
  sich selbst. Er selbst ist es, der sich konkret macht und sich zur Totalität seiner
  Unterschiede vollendet, so dass der Begriff, indem er nur durch diese Unterschiede
   ist, sich selbst zum Gegenstand wird. Der Begriff, den wir so festgestellt haben, ist
  das Selbstbewusstsein des absoluten Geistes, ....“ (S. 199f).
  Der Begriff selber ist jetzt der Massstab der Entwicklung, die Freiheit, die sich in der
  Vermittlung des Geistes mit sich selber setzt. Dieser Massstab ist nicht länger das
unmittelbare Sein und seine Bestimmungen, noch die Reflexion, die nur in
subjektiven endlichen Gegensätzen verweilt, sondern der im Dasein realisierte
  Begriff der Freiheit oder, in der logischen Bestimmung ausgedrückt, der sich zur
  Idee vollendete Begriff Gottes (S. 200). Damit ist die wahrhafte Unendlichkeit Gottes
  erreicht, die das Endliche ins sich beherbergt und aus sich entlässt.
- Es sind drei Bestimmungen, die die Idee Gottes, die Realisierung seines Begriffs
  aus dem Begriff heraus ausmachen:
  (1) die Bestimmung des Bewusstseins, das seinen Gegenstand (Gott als Einheit)
  von sich trennt und in ein theoretisches Verhältnis zu ihm tritt, in welchem es sich
  von Gott als Einheit entfremdet. Auf der theoretischen Seite des Begriffs, auf der
  Seite der Vorstellung, ist der Geist als Bewusstsein abhängig von etwas, das ihm
  äusserlich bleibt, und damit unfrei. Hierin fällt die Art der göttlichen Erscheinung.
  (2) die Bestimmung des Selbstbewusstseins in seiner Bewegung zur Aufhebung der
  Entzweiung. Dies ist die Seite der Tätigkeit des Bewusstseins, das praktische
  Verhältnis. In diesem Verhältnis ist der Geist als Subjektivität in der Form seiner
  Freiheit. Er setzt seine Welt in seiner Tätigkeit selbst, ist nicht einfach abhängig von
  äusserlich Gegebenem, macht das Äusserliche zu seinem Eigenen. Hierin fällt die
  Erscheinung Gottes als Kultus.
  (3) Die Bestimmung der Einheit von (1) und (2), der Einheit von theoretischem
  Bewusstsein und tätigem Selbstbewusstsein. Die Entwicklung dieser Einheit, die
  absolute Idee, ist die Bewegung des spekulativen Begriffs, welche immer wieder die
  Widersprüche seiner Momente offen legt, um sie dann in einer neuen Einheit zu
  versöhnen. 

Der Kultus / Der Glaube (S. 202 ff) 

- Der Kultus ist der Wille, die Trennung zwischen dem Bewusstsein und seinem
  Gegenstand – Gott - aufzuheben. Er ist deshalb nicht nur ein theoretisches Wissen
  von Gott, sondern praktische, tätige Beziehung.
- Das Wissen Gottes ist nur eine abstrakte unmittelbare Einheit. Erst die Tätigkeit der
  Aufhebung der Differenz setzt den Gegensatz als Gegensatz und die resultierende
  Einheit ist konkret. Das an sich Seiende des Bewusstseins wird erst in der
  Handlung  zu einem für sich Seienden und damit wahrhaft gewusst.
- Kant hat gesagt, man könne das an sich Seiende nicht erkennen. Dies ist ganz
  richtig, wenn man es nur theoretisch erkennen will und als nur Äusseres in seinen
  endlichen Bestimmungen belässt. Hegel demonstriert dies in seiner Seinslogik.
  Sobald man jedoch das an sich Seiende als Moment des Begriffs und seiner
  Bewegung erkennt, wird das nur Unmittelbare und Abstrakte des Wissens
  aufgehoben und in den Begriff zurückgeführt, sich angeeignet. Erst dadurch
  entsteht Erkenntnis. Diese ist die tätige Auseinandersetzung mit dem Gegenstand,
  mit der Sache. Das Objekt ist ein mit dem Subjekt Vermitteltes. Dadurch entsteht
  Objektivität. Die Vorstellung Gottes belässt ihn immer in einem Ansichsein.
- Jedoch bleibt der Kultus vorerst selbst theoretisch, „insofern er selbst, nach
  Aufhebung des Gegensatzes, die Vorstellung ebenso lässt“ (S. 202). Gott als in der
  Vorstellung bestimmter Gegenstand – beschränkt in seiner daseienden
  Erscheinung – ist noch nicht der wahre Gott.
- Gott ist wesentlich Geist, d.h. Tätigkeit eines Bewusstseins auf seinen Gegenstand,
  das immer auch Selbstbewusstsein ist, d.h. eine Beziehung nach innen hat. Ohne
  Beziehung des Bewusstseins gibt es keinen Gott, „nur als abstrakter Gott ist er für
  dasselbe als Jenseits, als Anderes“ (S. 203). Gott ist nur in seiner Erscheinung ein
  Ansichsein, nicht jenseits der Erscheinung. Damit aber ist er für das Bewusstsein
  und deshalb „ist er an und für sich“ (S. 203).
- Die abstrakte Wissen von Gott soll im Kultus aufgehoben und konkret werden. Dies
  kann wahrhaft nur gelingen, wenn die Vorstellung von Gott als etwas Bestimmtes
  aufgegeben und in der geistigen Tätigkeit verflüssigt wird. Damit geht die Tätigkeit
  des Kultus in sein eigenes Element ein, der Geist weiss sich selbst, sein Äusseres
  ist seine Äusserung, nicht irgendein jenseitiges Ansichsein, dem er in seinem
  Erkennen und seinem Handeln ausgeliefert ist.
- Der Weg jedoch in dieses geistige Element als geistige Tätigkeit geht über
  Vorstellungen Gottes in seiner Gegenständlichkeit, in seiner Bestimmtheit. Diese
  sind zeitliche Absolute (Einssein von Subjekt und Objekt), deren Einheit und
  Wahrheit durch die Diskrepanz zwischen dem Vorgestellten in der Beziehung des
  Bewusstseins und dem Selbstbewusstsein als Geistigem aufgelöst wird. Diese
  formelle Auflösung und Übergehen in eine weitere Bestimmtheit ist nur für uns: ‚Wir’
  verfolgen das Bewusstsein in seiner Gegenständlichkeit (Vorstellung Gottes im
  Kultus) und zeigen seine der Logik gehorchende Entwicklung auf – die Logik der
  fortschreitenden Vermittlung des Begriffs.
  Wenn dieses nur ‚für uns’ in den Begriff (Subjekt – Objekt - Beziehung) selbst
  übergeht, dann ist der Geist  für den Geist geworden und er hat seine zuerst nur an
  sich seiende Freiheit für sich gewonnen. Im Christentum ist dieser Standpunkt
  erreicht, allerdings immer noch als autoritative Vorstellung. Die Aufhebung dieser
  Vorstellung ist die Aufhebung der Religion selbst und das Übergehen in die reine
  Betrachtung der Entwicklung des Geistes (Gottes) in der Philosophie. Damit aber ist
  auch die Philosophie aufgehoben und die Entwicklung wird zur Aufgabe des
  subjektiven Geistes, der sich seine eigene Welt, seine eigene objektive
  Allgemeinheit schaffen muss.
- Sofern das Wissen von Gott eine praktische Tätigkeit einschliesst ist es als
  allgemeine Form Glaube, vermittelnde Tätigkeit zwischen dem endlichen
  Bewusstsein und seinem unendlichen Gegenstand. Darin hebt es sich als nur
  formelles Wissen, als reines Fürsichsein, auf und gewinnt Allgemeinheit in seinem
  Gegenstand, Gewissheit seiner selbst, seiner geistigen Natur. Der Gegenstand, das
  Unendliche Gottes, wird zum Ansich des Selbstbewusstseins, zu seinem
  allgemeinen Wesen, dessen es sich in seiner Gegenständlichkeit gewiss ist.
- Der eigene Gegenstand des Selbstbewusstseins ist zuerst nur ein Ansichsein, d.h.
  es bleibt in seiner Gegenständlichkeit - „die Seite seines Bewusstseins“ (S. 204) –
  verhaftet. Deshalb ist die Bestimmung des Selbstbewusstseins als an sich freies nur
  für uns, für den Philosophen, noch nicht für es selbst. Dass das Ansichsein auch ein
  Fürsichsein wird, ist Aufgabe des Prozesses des Selbstbewusstseins in einer
  bestimmten Religion und im Übergang von einer zu einer andern Religion. Der
  Philosoph hat diesen Prozess zu beobachten und das formelle Übergehen in seiner
  Dialektik zu erfassen und zu demonstrieren. Dazu ist Kenntnis der Logik der
  Bestimmungen, der Vermittlung im Begriff, spekulatives Denken, erforderlich.
- Das Ansichsein des Selbstbewusstseins in seiner Gegenständlichkeit darf nicht mit
dem subjektiven unmittelbaren Wissen von Gott verwechselt werden, das formell
bleibt und seinen unendlichen Gegenstand nur als Abstraktion, als erste Negation hat.
Gott ist hier jedoch affirmativ im Selbstbewusstsein, d.h. die Negation der Negation
durch das Endliche hindurch. Die Gewissheit seiner selbst ist nicht nur Negation, als
Absolutes gesetzte Unmittelbarkeit des Subjekts in seiner Partikularität und damit
Inhaltslosigkeit, sondern Objektivierung, Erfüllung mit seinem Gegenstand:
„Jene Subjektivität ist dagegen bestimmt, nur die wahrhafte zu sein, insofern sie von
der Unmittelbarkeit ebenso als von dem sich gegen die Substanz in sich reflektierenden
und festhaltenden Fürsichsein befreites, freies Wissen, nur diese gegen ihre partikulare
Eigenheit negative Einheit der unendlichen Form mit der Substanz ist.“ (S. 205 f) 
- Gott ist somit kein absolut Jenseitiges und von der Vernunft nicht zu fassendes, und
  die affirmative Beziehung zu Gott nicht nur eine abstrakte Identität. Allerdings darf
  dieses mit seinem Gegenstand eins gewordene Selbstbewusstsein, die affirmative
  Beziehung zu Gott, auch nicht mit der Vorstellung des Pantheismus verwechselt
  werden. In der affirmativen Beziehung ist Gott Geist, der sich als Selbstbewusstsein
  selbst erkennt und in der Andacht mit seinem allgemeinen Gegenstand eins werden
  will. Diese Vorstellung ist nicht gleichzusetzen mit pantheistischen Vorstellungen
  • von Geist als einer starren abstrakt allgemeinen Substanz (Sonne, Tiere etc.),
    die jedoch nur ein geistloses Allgemeines ist.
  • von Selbstbewusstsein als natürliche Seele, die göttliche Existenz sei,
  • von Selbstbewusstsein als ein unmittelbar Wissendes (ich bin denkend und damit
     bin ich), das in seiner Unmittelbarkeit verharrend, wahrhaft sei. Das
     unmittelbar Wissende ist jedoch nur erst „der geistlose Geist“ (S. 207).