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Beat Greuter
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Der Begriff in der Philosophie der Religion
Die Entzweiung der Religion mit dem freien, weltlichen Bewusstsein
Das unmittelbar fromme Bewusstsein und seine Unterminierung
- Im noch gegensatzlosen Bewusstsein des frommen Menschen ist das übrige (weltliche) Bewusstsein dem religiösen Bewusstsein unbefangen unterworfen. Der Unterschied wird in die Einheit zurückgenommen. - Von der weltlichen Seite, d.h. vom endlichen Bewusstsein und seiner Gegenständlichkeit her schleicht sich jedoch das Verderben und die Entzweiung in das Unendliche Bewusstsein der Religion hinüber. - Alle Bestimmtheit fällt nun in die eigene Tätigkeit des Bewusstseins und Gott wird eingeräumt, dass er alles gemacht hat. - So treibt auf der einen Seite der Verstand sein Wesen und auf der andern Seite herrscht das religiöse Gefühl der Abhängigkeit (unglückliches Bewusstsein). - Sowohl das (nicht mehr gegensatzlose) Bewusstsein der Frömmigkeit also auch das Bewusstsein des vergleichenden Verstandes lassen Gott auf der andern Seite ihres Bewusstsein – im religiösen Bewusstsein – unbestimmt und allgemein. - Das reflexiven Bewusstsein der Frömmigkeit bleibt jedoch nicht in der Unbestimmtheit, sondern das Tun und der Wille Gottes werden in bestimmten Handlungen, Naturverhältnissen, Ereignissen, Zwecken etc. betrachtet. Aber diese Inhalte sind endlich und zufällig verlieren sich sogleich selbst. Damit tritt eine Inkonsequenz ein, da Gott das Allgemeine und Notwendige sein soll. - Die Inkonsequenz wird dann von der weitergehenden Erkenntnis ausgeräumt, insoweit die endlichen Zwecke in derselben Erfahrung und Beobachtung als nichtig erkannt werden und nicht als Gegenstand des ewigen göttlichen Willens. Die Frömmigkeit geht nun von dem allgemeinen Gedanken eines Zweckes und Guten aus und subsumiert darunter die vorhandenen Dinge. - Mit dem Räsonnement auf die Zwecke und Nutzen in der Natur verliert die Frömmigkeit ihre Unbefangenheit und Unmittelbarkeit und wird gleichzeitig oberflächlich, da es viele Zwecke und Nutzen, aber auch Unzweckmässigkeit und Schäden gibt. - So entsteht in der Frömmigkeit selber eine Entzweiung. Das Allgemeine und Besondere können nicht zusammen gebracht werden und die vorausgesetzte Allgemeinheit der Zwecke wird unterlaufen. Die Logik des Seins ist an ihr Ende gelangt.Die Entwicklung des Prinzips der Subjektivität gegen den absoluten Inhalt
- So wird die Frömmigkeit aus dem Räsonnement auf das Seiende als sein Verhältnis zu Gott hinausgeworfen und das Denken als Allgemeines muss zuerst seine ihm inhärenten Konsequenz und Notwendigkeit der Zufälligkeit des Seins entgegensetzen. Damit entwickelt sich das Prinzip des Selbstischen gegen die Objektivität des Allgemeinen (Gottes) vollends. Die Logik der reinen Reflexion auf das Wesen beginnt: ‚Ich’ bestimmt das Allgemeine allein und setzt das Sein zum Schein herunter. - Die Erkenntnis geht auf das, was ist, auf das Endliche, das es mit den Sinnen erfasst, und fasst seine Notwendigkeit im Verhältnis von Ursache und Wirkung, Grund und Folge, Kraft und ihrer Äusserung, als Allgemeines der Gattung gegen die einzelne Existenz, die in die Sphäre der Zufälligkeit fällt. Damit benimmt die Erkenntnis dem endlichen Stoff die Zufälligkeit, ohne ihr ein Recht im Allgemeinen und Begriff zu geben. Was eine Sache ist, ergibt sich nach ihrer Wahrnehmung und den subjektiven Kategorien, die nur für das Endliche sein sollen und dieses determinieren. - Die Erkenntnis und Wissenschaft interessiert sich für die besonderen Ursachen und nicht mehr für die allgemeine Ursache Gottes. Der Grund oder die Ursache wird damit selbst zum Endlichen. Die Erkenntnis und Wissenschaft liegt nun ausserhalb der Religion. - Der Gegensatz zwischen dem Bewusstsein in der Religion mit ihrem absoluten Inhalt und dem endlichen Bewusstsein ist damit voll ausgebildet: Das Bewusstsein in der Religion (Gemüt) ist mit dem Göttlichen erfüllt, aber ohne Freiheit, Selbstbewusstsein und ohne Bestimmung, nur als abstrakt Positives. Es ist erkenntnislos geworden. Jede Erkenntnis Gottes ist nur ein Herabziehen in die Endlichkeit ohne Bestimmtheit. Das Bestimmte hat die Form des Zufälligen, und die Notwendigkeit des Zusammenhangs fällt in die Freiheit (Spontaneität) des Subjekts, der Erkenntnis allein. Diese Freiheit schafft ein System ohne Gott, das zwar den notwendigen Zusammenhang kennt, nicht jedoch den absoluten Zusammenhang. Die beiden Seiten des Bewusstseins werden gegeneinander misstrauisch. Damit tritt das Bedürfnis einer Ausgleichung oder Versöhnung zwischen dem Gefühl im Bewusstsein der Religon und dem weltlichen Bewusstsein als Erkenntnis und Intelligenz ein. - Die Versöhnung muss beiden Seiten gerecht werden, d.h. sie muss auf dem absoluten Inhalt bestehen und gleichzeitig die Forderung der Erkenntnis und des Begriffs erfüllen, der die endliche Form des Wissens aufheben muss.Die Versöhnung in der absoluten Religion (Christentum)
- Das Bedürfnis der Versöhnung tritt in der absoluten Religion besonders hervor, da sie mit der absoluten Entzweiung der beiden Seiten des Bewusstseins beginnt. Die natürliche Einheit des Geistes ist in ihr zerrissen. - Zuerst ist die Versöhnung nur für den Glauben, indem das Insichsein des Geistes ein Anderes ist gegen die Wahrheit. ‚Ich’ in der Trennung ist nicht die Wahrheit, die als selbständiger Inhalt der Vorstellung nur gegeben und damit autoritativ ist. - Aber das Erkennen liegt in der absoluten Religion selbst, da der autoritative Inhalt, der an sich Denken ist, dem Denken des in sich gegangenen ‚Ich’, dem Fürsichseienden, dargeboten ist. Das freie Selbstbewusstsein des Einzelnen ist das Prinzip der absoluten Religion und des Erkennens. - Der an sich seiende Gedanke muss sich ausbreiten und die absolute Religion gibt so ihrem Inhalt Entwicklung. - Der Inhalt ist am Anfang in der Form der Vorstellung, in der das Denken nur an sich ist. Doch die absolute Religion, die die Erkenntnis in sich selbst trägt, hat dasGefühl des religiösen Bewusstseins dem Wissen und der Reflexion gegenüber gestellt. Damit tritt der Vorstellung, in welcher der gegebene Inhalt als Wahrheit ist, die Form des Wissens gegenüber, was den Zwiespalt der heutigen Zeit ausmacht. Hegels Philosophie tritt auf, diesen Zwiespalt zu überwinden.Eigene Schlussfolgerungen
- Die Überwindung des Zwiespalts kann nur gelingen, wenn sich das in sich gegangene an sich freie Selbstbewusstsein seine eigene Welt schafft und den gegebenen Inhalt darin sowohl negiert (als autoritativ und absolut) als auch bewahrt (als Denken, Gedachtes, Vermitteltes). - Die absolute Religion hat den Spaltpilz in sich selbst, d.h. sie ist nur absolut in ihrer aktiven Vervollkommnung, die zur Realisierung des in ihr an sich freien Selbstbewusstseins und damit zu ihrer Aufhebung führt. - Das Absolute ist ein Prozess von Absoluten, die sich jeweils auflösen und in ein anderes Absolutes übergehen. Diesen Prozess in seiner reinen begrifflichen Form nennt Hegel Gott, der sich in Natur und Geist Wirklichkeit gibt.Die Stellung der Religionsphilosophie zur Philosophie und Religion
Verhältnis der Philosophie zur Religion überhaupt
Verhältnis der Religionsphilosophie zum System der Philosophie
- Das Absolute in der neueren Philosophie ist noch nicht gleichbedeutend mit dem, was wir Gott nennen. - Um die Verschiedenheit zu erkennen, muss gefragt werden, was Bedeutung selbst bedeutet. Die Frage nach der Bedeutung der Bedeutung ist die Frage nach zwei Entgegengesetzten. (1) Frage nach dem Innern, dem Zweck, dem allgemeinen Gedanken in Etwas hinter der Vorstellung des Etwas. Der Begriff von Etwas ist die Bedeutung, das Absolute, das logische Wissen Gottes. Hierin ist das Absolute gleichbedeutend mit dem Ausdruck Gott (2) Die Frage geht aber auch auf das Entgegengesetzte, nämlich auf die Vorstellung, die ‚hinter’ der Gedankenbestimmung liegt. Es wird ein Beispiel des Inhalts, der in (1) nur im Gedanken war, gefordert. - Mit der Frage (1) hat die Religionsphilosophie die logische Idee der Philosophie gemein. Die logische Idee ist Gott wie er an sich ist. Das Wesen hält sich im Gedanken. Es ist Gott ‚vor’ seiner Realisierung. - Mit der Frage (2) wird Gott auch als Geist, in seiner Erscheinung und Gegenständlichkeit betrachtet. Hier ist das erscheinende Wesen angesprochen, das Wesen, das sich Gegenständlichkeit gibt: die Manifestation oder das Dasein Gottes in der Gegenständlichkeit des Bewusstseins und Selbstbewusstseins der Religion. - Die Religionsphilosophie enthält somit beides: die Weise der Vorstellung Gottes in ihrer Gegenständlichkeit als auch seinen reinen Begriff. In der Religionsphilosophie wird das Absolute oder Gott in der Form des reinen oder logischen Gedankens als auch in der Form seiner Manifestation betrachtet. Damit entspricht die Religionsphilosophie der Phänomenologie des Geistes, in der sie ein Moment ist: der Geist als Gegenständlichkeit des Selbstbewusstseins entwickelt sich gemäss dem ihm inhärenten Begriff oder Gedanke, denn die Gegenständlichkeit des Bewusstseins selbst ist der Begriff noch in seiner Trennung von Form und Inhalt. Die Aufhebung dieser Trennung ist die Philosophie als Wissenschaft des logischen Begriffs, der nur in der Manifestation des Geistes erkannt wird, in der er immer schon enthalten ist, und der sich als Ganzes, als absolute Idee, selbst notwendig manifestieren, tätig werden muss in Natur und Geist. Dieser ewige Kreislauf allein ist das Absolute oder Gott. Das Absolute ist nur als Weg des Absoluten zu fassen und: „Der Geist, der nicht erscheint, ist nicht.“ Gott, der nicht erscheint, ist nicht. Das Ding an sich, das nicht erscheint, ist nicht oder ist ein Unding des Verstandes. - Gott ist das Resultat der andern Teile der Philosophie und in der Religionsphilosophie zum Anfang gemacht, zu unserem Gegenstand „als schlechthin konkrete Idee mit ihrer unendlichen Erscheinung, - und diese Bestimmung betrifft den Inhalt der Religionsphilosophie“, den wir in der Form der denkenden Vernunft betrachten. Damit aber bleibt noch zu betrachten die Stellung der Religionsphilosophie zur Religion wie sie sich als positive Lehre zeigt. Liegt diese ausserhalb des Gedankens und ihrer Erscheinung, ausserhalb des Geistes?Der Begriff der Religion
- Der Anfang der Religionsphilosophie ist der noch eingehüllte Begriff der Religion selbst. Es geht nicht darum, einen der Religion fremden Begriff an den Anfang zu setzen. - Der Begriff umfasst den Gegenstand der Religion – Gott als die absolute Wahrheit – und das Wissen der Religion von Gott als absolutes wahres Wissen. Die Einheit dieser beiden ist der begriffliche Anfang, das erste Absolute.Von Gott
- Gott ist am Anfang nur ein abstrakter Name, der noch keinen wahrhaften Gehalt bekommen hat. - Zwar sind Vorstellungen von Gott vorhanden, doch erst die Religionsphilosophie ist die Entwicklung dessen, was Gott ist aus seinem anfänglich noch eingehüllten Begriff, der aus sich selber heraus – seiner Einheit und seinem Gegensatz von Gegenstand und Wissen - entwickelt werden muss. Die Vorstellung hat ihren Gegenstand als fester ausserhalb ihrer. Die kritische Entwicklung des Begriffs Gottes geht daher hinter ihrem Rücken vor sich. - Der Anfang ist noch ganz das Allgemeine und Abstrakte, da noch keine Inhalte entwickelt sind. Dieses Allgemeine ist jedoch nicht nur ein subjektiv Allgemeines, das später beim Übergang ins Konkrete, Inhaltsvolle wieder verlassen wird, so dass nur noch das Bestimmte ist. Es erhält sich als Allgemeines, als „absolute, dauernde Grundlage“ der Entwicklung der Bestimmtheiten, der Setzung von Grenzen. Der Anfang ist somit als objektiv als auch subjektiv zu nehmen, nur so kann das Allgemeine seine Bestimmtheiten (Grenzen etc.) aus sich als seine Momente entlassen. - Gott ist keine abstrakte Allgemeinheit, „ausserhalb welcher das Besondere, gegen welches das Besondere noch selbständig wäre“. Gott als das in sich Konkrete ist nur Einer, der seine Konkretheit erst in seinen Bestimmungen, in der Entwicklung seines Begriffs entfaltet. Als Einer steht er nicht im Gegensatz zu vielen Göttern. - Der erste Inhalt Gottes ist sein Einssein. Damit ist er Substanz, „die allein wahrhafte Wirklichkeit“. Alles andere ist nicht für sich wichtig. Dieser Gedanke ist Spinozismus, sofern er so abstrakt festgehalten wird. - Aber die Allgemeinheit Gottes ist auch reine Beziehung auf sich selbst, d.h. Geist, der im Andern bei sich bleibt, eins bleibt, Idealität von allem Besondern, Durchsichtigkeit, und nicht nur Einheit der absoluten Wirklichkeit. Die Allgemeinheit Gottes ist somit mehr als nur Substantialität, die noch gar nicht von der Subjektivität unterschieden ist (siehe auch Übergang von der ‚Wirklichkeit’ in der Wesenslogik in den ‚Begriff’ in der Subjektiven Logik). - Gott als das schlechthin Allgemeine und Eine ist für das Denken und das Denken allein. Nur das Denken kann Gott als das Eine, das im Andern Eins bleibt – das Allgemeine in seiner Tätigkeit, Wirksamkeit - fassen. - Das Denken ist am Anfang noch absorbiert in diesem Einen, Allgemeinen, an und für sich Seienden. In dieser Anfangsbestimmung, die schon wahrhafte, absolute jedoch noch nicht entwickelte Bestimmung ist, „bleibt Gott bei aller Entwicklung absolute Substanz“, die Einheit der absoluten Wirklichkeit. Die Subjektivität ist noch nicht von der Substantialität unterschieden. - Dieses Eine, Allgemeine ist der Ausgangspunkt. Es ist weder ein „blosser Boden, aus dem Unterschiede erwachsen“, noch „ein träges, abstrakt Allgemeines“. Alle Unterschiede bleiben in ihm eingeschlossen, und so ist es „der unendliche Trieb und Quellpunkt, aus dem alles hervor- und in den alles zurückgeht und ewig darin behalten ist“. - Diese Vorstellung von Gott wird als Pantheismus bezeichnet, die Vorstellung der Substantialität. Auch das absolute Subjekt oder der Geist ist hier nur als Substanz bestimmt. Aber der Geist „ist nicht nur Substanz, sondern in sich auch als Subjekt bestimmt“. Die Darstellung dieser Beziehung macht die spekulative Philosophie aus, die deshalb nicht als Pantheismus oder Spinozismus bezeichnet werden darf, bei dem der Geist in der Substanz eingeschlossen bleibt, sich nicht in den Unterschied oder Gegensatz zu ihr setzt. - Die spekulative Philosophie ist auch nicht Identitätsphilosophie, obwohl die Substanz Identität mit sich ist. Aber sie ist auch Geist, der keine abstrakte Einheit ist, sondern die „Bestimmung dieser Einheit in sich“, gleichgültig „ob sie als Substanz oder Geist bestimmt ist“, die am Anfang des Prozesses der Bestimmungen eins sind. - So ist „die ganze Philosophie nichts anderes als das Studium der Bestimmung der Einheit“, oder anders ausgedrückt: Gott, das Allgemeine, das Eine ist das Logische in der Reihenfolge seiner Bestimmungen, die absolute Idee als Ganzes ihrer logischen Momente, die sich in den Erscheinungen der Natur und des Geistes Realität gibt, nur in diesen Erscheinungen ist und erkannt werden kann und ohne diese nichts ist. Es gibt kein Ansichsein hinter den Erscheinungen. - „Ebenso ist die Religionsphilosophie eine Reihenfolge von Einheiten, immer die Einheit, aber so, dass diese immer weiterer bestimmt ist.“ Entscheidend ist der Unterschied dieser Bestimmungen der Einheit, d.h. die Logik ihrer fortlaufenden Bestimmung. - Am Anfang ist keine Unterschied vorhanden, Subjekt und Objekt, Geist und Substanz sind eins. Die Einheit ist das erste Absolute. Daraus tritt „der Unterschied überhaupt hervor, der als geistiger Unterschied Bewusstsein ist, und damit erst fängt die Religion als solche an“. Die anfängliche absolute Allgemeinheit, das Eine geht ins Urteil über, d.h. setzt sich als Bestimmtheit. Dadurch wird Gott Gegenstand des Bewusstseins, „Geist für den Geist“. Das Denken des Allgemeinen tritt in ein Verhältnis zu seinem Gegenstand. Seine anfängliche Absorbierung in der Substanz wird zum Unterschied und Gegensatz. Damit beginnt die Entwicklung der Bestimmungen als spekulatives Denken.Das religiöse Verhältnis
- Weil Gott wesentlich Geist ist, kann er nicht unabhängig vom subjektiven Geiste, vom Bewusstsein betrachtet werden. Gott ist weder nur objektiv gegeben (Mittelalter), noch nur im Subjekt als vage Vorstellung ohne Objektivität, ohne Wissen von ihm (Neuzeit). Religion ist im religiösen Verhältnis und als solches in der Religionsphilosophie zu betrachten. - Die Notwendigkeit der Religion und des religiösen Verhältnisses kann weder aus der Empirie noch aus einer bedingten Notwendigkeit, dass die Religion Zweck für etwas Anderes sei, heraus bewiesen werden. Beide machen die Religion zu etwas rein Äusserem und Zufälligem. - Die absolute Notwendigkeit der Religion ergibt sich durch die Entwicklung der Bestimmungen des Geistes, die dieser selber setzt. Der Inhalt der Religion und das Bewusstsein darüber setzen ihre Bestimmungen und die Entwicklung dieser Bestimmungen aus sich selber heraus. Das spekulative Denken zeigt die logische Notwendigkeit der Entwicklung auf und verfolgt dabei die Übergänge von einer zu einer andern Bestimmung aufgrund der mangelhaften Vermittlung auf einer bestimmten Stufe des geistigen Verhältnisses. - So ist die Bewegung des Denkens auch die Bewegung der Sache. Das Unendliche kann nicht durch die subjektive und willkürliche Aufhebung von Grenzen bewiesen werden, sondern nur durch die Aufhebung des Endlichen durch sich selbst im Durchgang durch alle seine Verhältnisse von Bewusstsein und Inhalt. Damit wird das Endliche zu Momenten des Unendlichen, das andernfalls als Abstraktion selber nur Endliches wäre. - Es sind somit zwei Seiten zu betrachten: Zum einen, was der Geist als Bewusstsein ist, was er selber auf einer bestimmten Stufe seiner Entwicklung weiss, was er ist und ihm als zufällig erscheinen mag, zum andern „die Notwendigkeit, dass diese Welt für ihn geworden ist“. Dieses Werden und Gewordensein ist nicht für den Geist auf einer bestimmten Stufe der Entwicklung, „geht im Geheimen gegen ihn vor, ist nur für die philosophische Betrachtung“ (S. 112), d.h. die logische Betrachtung des Geistes als sich entwickelnder Begriff. - Das spekulative Denken versetzt somit die Bewusstseinsinhalte, die Inhalte der Vorstellung, in einen inneren logisch notwendigen Zusammenhang. (von S. 112 auf S. 151 gesprungen), ohne dabei von den Inhalten des Bewusstseins, vom Geist wie er sich selber betrachtet, einfach zu abstrahieren und ihm damit subjektive Denkkategorien aufzuzwingen, die seine Inhalte, statt sie zu entwickeln, sich unterwerfen und dabei als ihm fremde Kategorien willkürlich verändern.(1) Das Denken als innere Dialektik der Vorstellung
- Die Vorstellung als wesentliche Form des religiösen Bewusstseins kann ihre sich widersprechenden Bestimmungen von Gott nicht in der Einheit behalten, Einheit und Bestimmungen widersprechen sich für die Vorstellung grundsätzlich. Entweder ist die Einheit oder sind die (endlichen) Bestimmungen. Wenn die Einheit gesetzt ist, verschwinden die Bestimmungen und umgekehrt. Erst das Denken, kann diese innere Dialektik der Vorstellung zum Bewusstsein bringen. Die Seinslogik als objektive Logik des noch äusseren nur an sich seienden Begriffs ist die Manifestation dieser inneren Dialektik. - Der Widerspruch der religiösen Vorstellung kann auch durch das abstrakte Denken des Verstandes aufgezeigt werden. Dies ist das Geschäft der Aufklärung, das den in den sinnlichen und natürlichen Bestimmungen der religiösen Vorstellung noch vorhandenen Gedanken des Allgemeinen (Einen) auch zu etwas nur Endlichem macht und so für einen Irrtum erklärt. Darin ist einerseits noch die eigene Dialektik der Vorstellung enthalten, was die Wichtigkeit der Aufklärung des Gedankens hervorhebt, andererseits erfährt diese Dialektik durch den abstrakten Verstand und seine fremden Kategorien eine formelle Willkür, die ihr fremd ist, sie zerstört, statt ins spekulative Denken überzuführen.(2) Das Denken als Reflexion und Beobachtung (S. 176ff)
- Der Standpunkt der Reflexion geht über den Standpunkt des unmittelbaren religiösen Bewusstseins hinaus. Dabei tritt die Endlichkeit in einen bestimmten Gegensatz zur Unendlichkeit. An diesem Gegensatz hält die Reflexion fest. - Das Fortgehen zum Unendlichen ist nur eine abstrakte Negation des Endlichen, das nicht im Unendlichen aufgehoben ist, sondern nur negiert worden ist. Die Abstraktion wird so selbst zum Endlichen. - Es stehen sich zwei Endliche gegenüber, das erste ist „ein verschiedenes, mannigfaltiges Aussereinander, von denen jedes ein Besonderes, Beschränktes ist“, das zweite ist „das Allgemeine in dieser Vielheit“ – die Vorstellung. - Die Vielheit wird unter die Einheit gezwungen und muss ihren Charakter aufgeben. - Die Vielheit ist nur noch Schein und wird vom Ich, der abstrakten Subjektivität, zusammengehalten. Alles ist vom Ich gesetzt. - Damit ist die absolute Behauptung des Endlichen in der Reflexion erreicht: Ich als die unmittelbare Negativität, die unmittelbare Einzelheit in ihren Gefühlen, Meinungen etc. ist „in allem Inhalt die unmittelbare Beziehung auf sich selbst. Für die abstrakte Subjektivität sind keine objektiven Inhalte mehr. Sie ist das Affirmative und in diesem unmittelbaren Sein das Wahre (S. 180, 181). - Konnten in der Vorstellung des religiösen Bewusstseins die Widersprüche der Bestimmungen nicht in einer Einheit zusammengefasst, sondern immer nur erneuert werden, lässt die Reflexion den Widerspruch selbst verschwinden in der absoluten Entgegensetzung der Einheit des abstrakten Subjekts, des absolut Idealisierenden, und der Vielheit der Inhalte und Bestimmungen (Kantscher Dualismus und Moralismus). Alle objektiven Inhalte, Unterschiede, Bestimmungen des Bewusstseins sind aufgehoben und nur durch die Reflexion und Abstraktion des Subjekts in seinem unmittelbaren Sein gesetzt (Kopernikanische Wende der Verhältnisses von Subjekt und Objekt). - Damit wird das Ich als Endliches und Unmittelbare zu einem Unendlichen und das Wissen von einem Höheren ist nur noch Rührung und Belieben. Die Einzelnen verbindet nichts objektiv Gemeinsames mehr (S. 182). Ein solches müsste ein selbständiges Sein haben, ein eigenes Affirmatives sein, vermittelt nicht durch ein abstraktes Subjekt, sondern durch das Allgemeine in ihm, welches das objektiv Gültige und die subjektive Tätigkeit als Momente in sich aufhebt. Darin erhält das Subjekt Inhalte, die es nicht aus seiner Endlichkeit und Leerheit selber setzt, und der Inhalt ist nicht mehr nur Vorstellung von etwas objektiv Gegebenen, sondern durch das subjektive Moment vermittelt. - Dies Allgemeine ist der vernünftig organisierte Staat und die Bildung, die beide aus einem Verhältnis des Bewusstseins hervorgehen müssen, welches weder das Endliche neben dem Unendlichen stehen lässt (religiöse Vorstellung), noch die Einheit beider lediglich im abstrakten Gedanken gegen die Vielheit setzt und die Widersprüche zwischen den beiden im Subjekt auflöst, seiner Unmittelbarkeit alleine zur Aufgabe macht (Dualismus von Subjekt und Objekt, Moralität als unmittelbare Einheit von Einzelnem in seiner Besonderheit und Allgemeinem). - Die Reflexion steht auf dem subjektiven Standpunkt der Einheit von Endlichem und Unendlichem, „und statt das für sich haltungslose Einzelne in die Allgemeinheit zu versenken und die Affirmation in ihrer absoluten Allgemeinheit aufzufassen, in welcher sie das Einzelne in sich schließt, fasst sie die Einzelheit selbst unmittelbar als das Allgemeine. Dies ist der Mangel dieses Standpunktes. Die Gegensätze können nur beurteilt werden, wenn man sie auf den letzten Gedanken zurückführt.“ (S. 184)(3) Die vernünftige Betrachtung der Endlichkeit (S. 186ff)
- Der notwendige Übergang von der Reflexion in die vernünftige Betrachtung der Endlichkeit ist dialektisch zu fassen. Es ist der Übergang von der Wesenslogik in die Begriffslogik. - Dialektisch bedeutet die Konsequenzen des vorherigen Standpunkts der Reflexion aufzuzeigen. Die sich ergebenden Widersprüche werden in einem Dritten aufgehoben. Es geht also nicht darum, den Standpunkt der Reflexion zu negieren, sondern ihn mit dem Standpunkt der objektiven Wahrheit des Bewusstseins zu versöhnen. In der Logik werden Sein und Wesen im subjektiven Begriff aufgehoben, der das Objektive aus sich selber heraus setzt. - Der Standpunkt oder die Freiheit der Reflexion sagt, dass nur das endliche Ich das Affirmative und Wahre ist, sie lässt nichts Objektives in sich entstehen, da ein solches für sie etwas Fremdes wäre. Gleichzeitig will sie das Endliche aufheben im Allgemeinen, bleibt aber beim abstrakt Allgemeinen, bei der abstrakten Identität stehen, die nur durch die Negation des Endlichen zustande kommt. Dieser Standpunkt enthält deshalb einen Widerspruch, der nach einer Weiterentwicklung des Standpunkts ruft. - Zur Aufhebung dieses Standpunkts muss das endliche Ich auf sich Verzicht tun und ein Objektives anerkennen, „welches in der Tat und Wirklichkeit für mich als Wahres gilt, welches anerkannt ist als das Affirmative, für mich gesetzte, in welchem ich als dieses partikulare Ich negiert bin, worin aber meine Freiheit zugleich erhalten ist“ (S. 186). - Soll ein Objektives anerkannt werden, darf das Ich nicht abstrakte Identität sein, sondern muss als Allgemeines bestimmt sein. Diese Bestimmung ist der Prozess der Objektivierung, d.h. der Prozess der Versenkung in die Sache, die als Gedanke im Gedanken zu erfassen ist. Es kommt somit darauf an, die Bewegung des Begriffs in der Sache aufzuzeigen. Dies bedeutet auch, aus dem Einzelnen heraus das Allgemeine zu erkennen und umgekehrt aus dem Allgemeinen das Einzelne herzuleiten. Induktion und Deduktion können im Prozess der Erkenntnis nicht einfach getrennt werden, sondern sind Momente der Entwicklung von Wissen, Momente der Bewegung des Begriffs. - Damit ist der Standpunkt der denkenden Vernunft erreicht, die sowohl in der Religion als auch in der Philosophie tätig ist, in der Religion noch unbefangen in der Weise der Vorstellung und Andacht (Gedachtem), in der Philosophie in der Form der Bewegung des Denkens. - Der Standpunkt der denkenden Vernunft ist nicht nur unmittelbares Wissen von Gott. Das unmittelbare Wissen bleibt bei der Reflexion stehen, dass das Objekt des Allgemeinen (Gott) nur im Gefühl bestimmt ist, da jede weitere Reflexion es wieder in die Endlichkeit und Besonderheit zurückversetzen würde. Es ist dies die Konsequenz des Standpunkts der Reflexion, die bei der abstrakten und leeren Subjektivität und Unendlichkeit stehen bleibt und damit für die Bestimmung der wahrhaften Unendlichkeit nur die Form des unmittelbaren Gefühls gelten lassen kann. Damit ist jedoch nichts Objektives gewonnen. Das unmittelbare Wissen für sich ist auch nur ein subjektiver Standpunkt, es kommt nur zur subjektiven Gewissheit, nicht jedoch zur Wahrheit (Objektivität, konkretes Allgemeines). - Der Standpunkt des unmittelbaren Wissens ist ein vorzeitiges Abbrechen der Reflexion, der Vermittlung des Denkens, sobald das wahrhafte Unendliche und Objektive aus dem Endlichen heraus bestimmt werden soll. Deshalb ist das unmittelbare Wissen ein Moment des spekulativen Denkens, jedoch kein absolutes Wissen. Auch in Hegels Logik geht die Vermittlung ins Unmittelbare über, das dann wieder eine erneute Vermittlung erfährt. Das unmittelbare Wissen gehört zum Standpunkt der denkenden Vernunft, und damit sowohl zur Religion als auch zur Philosophie. Es geht aber aus der Vermittlung hervor, aus der Vermittlung der Vermittlung, der Negation der Negation, der Reflexion auf die Reflexion und eben nicht aus der einfachen Negation der Reflexion. Das grösste Kunstwerk ist dasjenige, das durch die grösste Vermittlung hindurch gegangen ist und nur so als unmittelbares Ganzes erscheint. - In der vernünftigen Betrachtung des Endlichen ist „der Gegenstand das Wesen, das Seiende für das Subjekt“ (S. 188). Die Beziehung auf den Gegenstand ist das Denken des Subjekts. Es ist diese Beziehung, die das Dialektische und Spekulative in sich selbst hat und deshalb vom Philosophen in der entsprechenden Form betrachtet und entwickelt werden muss. - Die Beschäftigung mit dem konkreten Allgemeinen ist „Wirken und Leben in der Objektivität“ (S. 189). Nur so kommt das Subjekt zu einer wahrhaften Anerkennung des Endlichen und seiner Grenzen und geht dabei (weil es mit der Grenzsetzung über die Grenze sieht und dies, was es sieht nicht als Ansich stehen lässt wie der grosse Kant) über seine Besonderheit hinaus ins konkrete Allgemeine seiner selbst und des Gegenstandes. - In der Andacht und im Denken des Allgemeinen leiste ich auf mich als Partikulares verzicht. Das Allgemeine greift über das Partikulare. Damit aber bewahre ich gerade mein Selbst als Partikulares, da nun das Allgemeine aus mir herausgesetzt ist als objektiv Gültiges.(4) Übergang zum spekulativen Begriff der Religion (S. 192 ff)
- Der spekulative Begriff ergibt sich aus der Beziehung zwischen Subjekt und Objekt, zwischen Subjekt und Prädikat. Beide sind nicht einfach Feste, die mit ‚ist’ gleichgesetzt werden und deren Identität wahr oder falsch ist. Hier ist die Wahrheit etwas Statisches und als gegeben vorausgesetzt. Bei Hegel sind Bestimmungen nur Momente des Prozesses des Denkens des Allgemeinen. Das ‚ist’ hat nur die Bedeutung „der Tätigkeit, Lebendigkeit und Geistigkeit“ (S. 192). Es ist ein ‚werden’, das immer auch die Negation in sich hat. Jede Bestimmung ist somit einseitig und wird über die Reflexion in eine andere ebenso einseitige, aber reichere Bestimmung überführt: Wenn das Sein allein als das Grundlegende betrachtet wird, sind diese Bestimmungen nur ein Übergehen von einer zu einer weiteren Bestimmung ohne Aufhebung beider in ihrer Einheit. Das Widersprüchliche und Unbefriedigende einer Bestimmung kann auf diesem Standpunkt nur gelöst werden durch das von „uns“ logisch begründete Übergehen in eine weitere Bestimmung. Wenn die subjektive Seite oder Form der Bestimmung als das Grundlegende gilt, dann entstehen Verhältnisse der Reflexion nach innen und nach aussen, deren Einheit und Verschiedenheit nicht gleichzeitig als Momente im Begriff gedacht werden. Das Resultat davon ist der unaufgelöste Gegensatz der Leerheit der absolut gesetzten subjektiven Identität und der reinen Notwendigkeit des Seins. Erst wenn der Begriff, die Einheit von Sein und Form, als das Grundlegende genommen wird, ist die Differenz in der Einheit bewahrt und umgekehrt. Die Bewegung des Begriffs von Bestimmung zu Bestimmung ist dann keine äussere mehr, sondern nur Bewegung der Momente des Begriffs selbst oder seine eigene Entwicklung, die Freiheit. - Gott kann nicht nur als das Unendliche gedacht werden. Das Unendliche, Unbegrenzte, gesetzt im Denken, aber abgesondert von der Bewegung des Begriffs, ist nur Abstraktion. Höher steht die Grenze, die sich selbst begrenzt, die Bestimmung, welche Tätigkeit ist nach Aussen in die Vielheit und zurück in die Einheit. - Die Kritik lautet, „durch Endliches Unendliches erfassen zu wollen“ (S. 193) ist unmöglich. Doch von dieser absoluten Dichotomie hat sich das spekulative Denken zu befreien, ohne dabei die Widersprüche einfach unter den Teppich zu kehren. - Möglichkeit und Unmöglichkeit betreffen „das Innere, den Begriff eines Gegenstandes“ (S. 194). Sie fallen nicht in die Sphäre des wahrnehmenden Bewusstseins, das seinen Gegenstand nur als etwas Äusseres beobachtet und damit den Standpunkt der Endlichkeit einnimmt. Dieser wird ihm zum Massstab der Möglichkeit, der den Begriff einer Sache bestimmen soll: „unmöglich sei das, was wider die Erfahrung gehe“ (S. 194). - Doch gibt es auch die Sphäre des Bewusstseins eines Absoluten, sei es in Form der unbefangenen Religiosität, der Andacht, sei es in Form der philosophischen Erkenntnis. Diese Sphäre kann auch beobachtet werden und hat als solche einen ihr angemessenen Begriff, der notwendigerweise über denjenigen des wahrnehmenden Bewusstseins hinausgeht. Dies zu bestreiten, ist eine willkürliche Setzung einer Grenze, die im Grunde genommen schon durch die Setzung selbst überschritten ist und damit nach einer weitern Begriffsbestimmung verlangt, die auf dem Standpunkt der willkürlichen Grenzsetzung zwar verweigert werden kann, jedoch nur unter Verlust von Wirklichkeit und Objektivität. - Die Inhalte der affirmativen religiösen Empfindung (Andacht) und des erkennenden, beobachtenden, negativ bestimmten Bewusstseins können zwar unterschieden sein. Das ist denn auch der Ausgangspunkt für den Ausgleich des Erkennens (Reflexion nach aussen) und des Selbstbewusstseins (Reflexion nach innen), „was ich als Geist an und für mich selbst bin“ (S. 195), im Bewusstsein selbst. Diese Angleichung ist eine dialektische und kann nur spekulativ erfasst und demonstriert werden, wobei weder die Reflexion nach aussen noch diejenige nach innen einfach getrennt werden dürfen, so dass die eine die andere lediglich negiert. Das Endliche und Unendliche stehen in einer gegenseitigen Abhängigkeit, die im Zuge ihrer Entwicklung offen gelegt wird. - Der Boden der Andacht ist das Denken, der Geist als denkend. Er liefert der religiösen Empfindung den Inhalt. Gott ist der Inhalt für die Andacht, das Allgemeine für das Allgemeine, der Geist für das Denken. Beobachtet werden kann nur das Endliche, nicht das Allgemeine, es muss im Begriff erfasst werden. Das Endliche ist nur das Äusserliche, was in der Beobachtung äusserlich bleibt, es „ist nur insofern gesetzt, als es sich selber äusserlich ist“. Der Standpunkt der Endlichkeit taugt nicht für die Entwicklung des Allgemeinen im Denken. - So darf die Beobachtung „nicht mehr Beobachtung der Sache, sondern muss die Sache selbst sein. Die Beobachtung des Unendlichen ist die (ist in der) Beobachtung des spekulativen Denkens, das nur für den Denkenden selbst ist, sowie der Fromme in seiner Frömmigkeit das ist, was er beobachtet. [Deshalb sind das Sein und das Nichts am Anfang der Andacht und des spekulativen Denkens eins, und in der Einheit ihres Einsseins und ihres Gegensatzes (als Beobachtendes) sind sie Momente des Werdens. Die ganze Philosophie und Logik Hegels sind nichts anderes als das Aufzeigen des Werdens des (im) Begriff(s). Wenn er ins Dasein, die erste Bestimmtheit, übergeht, ist dieses Übergehen nicht ein Verlassen des Werdens, sondern nur das Verlassen der anfänglichen Bestimmungslosigkeit des Werdens. Deshalb ist das Dasein ein einseitiger Begriff. Es ist das Werden in der Bestimmung des Seins, das ihr Nichtsein (als Endliches) in qualitativen Bestimmungen erst wieder hervorbringen muss, daran scheitert, d.h. in ihnen die Identität des Begriffs nicht erreichen kann und deshalb durch die Negation der Negation (Qualität) ins reine Fürsichsein - ins anfängliche reine Sein, das durch die qualitative Bestimmung hindurchgegangen ist - übergeht, dabei jede Qualität verliert und als quantitative Identität, als Eins, in weitere quantitative Bestimmungen übergehen muss, die das Verlorene wieder einholen, jetzt aber nicht mehr in der unmittelbaren qualitativen Bestimmung, sondern als quantitatives Verhältnis, in der quantitativen Vermittlung.] - Der Beobachter steht damit in einem Verhältnis zum Gegenstand. Dieses Verhältnis ist nicht einfach nur negativ oder äusserlich zum Gegenstand, sondern bildet ein Absolutes, das als solches in seinem Übergehen in ein anderes Verhältnis, ein anderes Absolutes, beobachtet werden kann. Diese Beobachtung ist das spekulative Denken, das diese Verhältnisse und Vermittlungsversuche nachvollzieht und die formellen Übergänge aus der Logik der Entwicklung heraus, welche die Logik der Freiheit ist, selber setzt. - Der spekulative Begriff ist die unendliche Beobachtung, in welcher der Standpunkt der Reflexion nicht einfach aufgelöst ist, sondern als Motor dient für das Übergehen von einer endlichen Bestimmung in die nächste. Damit ist der absolute Gegensatz von Endlichkeit und Unendlichkeit überwunden und der Weg der Versöhnung und Vermittlung beider kann beginnen. So lässt sich der wahrhafte Begriff der Religion, der ein spekulativer ist, aufschliessen und entwickeln.(5) Der spekulative Begriff der Religion (S. 196 ff)
- Das spekulative Begriff beginnt dort, wo das Bewusstsein, das seinen Gegenstand ausser sich setzt, „als Moment in das Sein des Geistes“, des Selbstbewusstseins fällt. Damit wird der Gegensatz zwischen den beiden aufgehoben, d.h. negiert und in der Entwicklung des Begriffs des Geistes bewahrt als Motor (Reflexion) seines Werdens. - Der Unterschied und Gegensatz fällt so in das Sein des Geistes seines Selbstbewusstseins selbst, das sich selber unterscheidet, sich entfremdet und das Andere, das es sich gegenübergestellt, wieder in seine Einheit zurückholt (Andacht, spekulatives Denken). - Hegel ist kein Mystiker. Das spekulative Denken, der spekulative Begriff ist durch die Aufklärung hindurchgegangen, d.h. geht durch das Endliche hindurch, ist nicht ein Sprung ins Jenseitige und seine Verklärung. Dasselbe passiert in der Logik: Der Begriff als Begriff muss durch den unmittelbaren Begriff des Seins, seine unmittelbare Wahrheit, und die für sich seiende, in Verhältnissen und Gegensätzen sich tummelnde Reflexion hindurch erreicht werden, und bewahrt beide in sich. - Der Geist ist nur insofern absoluter, als er sich selber weiss. Ansonsten wäre er nur verstandesmässige Abstraktion. - Wissen seiner selbst kann er nur werden, wenn er sich verendlicht, d.h. ins Dasein übergeht: „So ist die Religion Wissen des göttlichen Geistes von sich durch Vermittlung des endlichen Geistes. In der höchsten Idee ist demnach die Religion nicht die Angelegenheit eines Menschen, sondern sie ist wesentlich die höchste Bestimmung der absoluten Idee selbst.“ (S. 198) - Gott ist somit als absoluter Geist zu fassen, der als Wissen seiner selbst alle Wahrheit ist und als solche den ganzen Reichtum „der natürlichen und geistigen Welt in sich fasst“ (S. 198). Diese Bestimmung der Unendlichkeit als logischer Begriff ist die absolute Idee, die alle früheren Bestimmungen auf dem Weg zu ihr in sich enthält. Damit ist Gott der endlichen Vorstellung entzogen und wahrhaft als Absolutes gefasst, das immer nur ein Werden seiner selbst ist durch die Endlichkeit hindurch. - Der Inhalt der Religion, der absolute Geist, der sich selbst zum Gegenstand hat und im Andern bei sich bleibt, ist zwar ein Resultat des Gangs des Bewusstseins im unmittelbaren Sein und der Abstraktion des Seins in der Reflexion. Obwohl Resultat, ist er das Absolute, weil er die Momente des Gangs des Bewusstseins in sich vereint und ohne diese selber nur eine Abstraktion wäre. Am Anfang jedoch ist der Inhalt der Religion wiederum nur eine leere Einheit und Unmittelbarkeit, die erneut expliziert werden und sich Dasein geben muss. Dabei durchlaufen sie und ihr Gegenstand erneut die Stufen des vorher von ihr abgespaltenen Bewusstseins, jedoch jetzt in der Idee Gottes bleibend und aus dieser Idee heraus. Aus der Perspektive der reinen Logik betrachtet, sind wir jetzt auf dem Standpunkt des Begriffs, der seine Momente aus sich selber heraus entwickelt und nicht länger im unmittelbaren Sein seine Bestimmungen sucht (nur an sich ist) oder in der Reflexion nur in endlichen Gegensätzen verweilt (nur für sich ist): „Die konkrete Erfüllung des Begriffs der Religion ist nun seine Produzierung durch sich selbst. Er selbst ist es, der sich konkret macht und sich zur Totalität seiner Unterschiede vollendet, so dass der Begriff, indem er nur durch diese Unterschiede ist, sich selbst zum Gegenstand wird. Der Begriff, den wir so festgestellt haben, ist das Selbstbewusstsein des absoluten Geistes, ....“ (S. 199f). Der Begriff selber ist jetzt der Massstab der Entwicklung, die Freiheit, die sich in der Vermittlung des Geistes mit sich selber setzt. Dieser Massstab ist nicht länger das unmittelbare Sein und seine Bestimmungen, noch die Reflexion, die nur in subjektiven endlichen Gegensätzen verweilt, sondern der im Dasein realisierte Begriff der Freiheit oder, in der logischen Bestimmung ausgedrückt, der sich zur Idee vollendete Begriff Gottes (S. 200). Damit ist die wahrhafte Unendlichkeit Gottes erreicht, die das Endliche ins sich beherbergt und aus sich entlässt. - Es sind drei Bestimmungen, die die Idee Gottes, die Realisierung seines Begriffs aus dem Begriff heraus ausmachen: (1) die Bestimmung des Bewusstseins, das seinen Gegenstand (Gott als Einheit) von sich trennt und in ein theoretisches Verhältnis zu ihm tritt, in welchem es sich von Gott als Einheit entfremdet. Auf der theoretischen Seite des Begriffs, auf der Seite der Vorstellung, ist der Geist als Bewusstsein abhängig von etwas, das ihm äusserlich bleibt, und damit unfrei. Hierin fällt die Art der göttlichen Erscheinung. (2) die Bestimmung des Selbstbewusstseins in seiner Bewegung zur Aufhebung der Entzweiung. Dies ist die Seite der Tätigkeit des Bewusstseins, das praktische Verhältnis. In diesem Verhältnis ist der Geist als Subjektivität in der Form seiner Freiheit. Er setzt seine Welt in seiner Tätigkeit selbst, ist nicht einfach abhängig von äusserlich Gegebenem, macht das Äusserliche zu seinem Eigenen. Hierin fällt die Erscheinung Gottes als Kultus. (3) Die Bestimmung der Einheit von (1) und (2), der Einheit von theoretischem Bewusstsein und tätigem Selbstbewusstsein. Die Entwicklung dieser Einheit, die absolute Idee, ist die Bewegung des spekulativen Begriffs, welche immer wieder die Widersprüche seiner Momente offen legt, um sie dann in einer neuen Einheit zu versöhnen.Der Kultus / Der Glaube (S. 202 ff)
- Der Kultus ist der Wille, die Trennung zwischen dem Bewusstsein und seinem Gegenstand – Gott - aufzuheben. Er ist deshalb nicht nur ein theoretisches Wissen von Gott, sondern praktische, tätige Beziehung. - Das Wissen Gottes ist nur eine abstrakte unmittelbare Einheit. Erst die Tätigkeit der Aufhebung der Differenz setzt den Gegensatz als Gegensatz und die resultierende Einheit ist konkret. Das an sich Seiende des Bewusstseins wird erst in der Handlung zu einem für sich Seienden und damit wahrhaft gewusst. - Kant hat gesagt, man könne das an sich Seiende nicht erkennen. Dies ist ganz richtig, wenn man es nur theoretisch erkennen will und als nur Äusseres in seinen endlichen Bestimmungen belässt. Hegel demonstriert dies in seiner Seinslogik. Sobald man jedoch das an sich Seiende als Moment des Begriffs und seiner Bewegung erkennt, wird das nur Unmittelbare und Abstrakte des Wissens aufgehoben und in den Begriff zurückgeführt, sich angeeignet. Erst dadurch entsteht Erkenntnis. Diese ist die tätige Auseinandersetzung mit dem Gegenstand, mit der Sache. Das Objekt ist ein mit dem Subjekt Vermitteltes. Dadurch entsteht Objektivität. Die Vorstellung Gottes belässt ihn immer in einem Ansichsein. - Jedoch bleibt der Kultus vorerst selbst theoretisch, „insofern er selbst, nach Aufhebung des Gegensatzes, die Vorstellung ebenso lässt“ (S. 202). Gott als in der Vorstellung bestimmter Gegenstand – beschränkt in seiner daseienden Erscheinung – ist noch nicht der wahre Gott. - Gott ist wesentlich Geist, d.h. Tätigkeit eines Bewusstseins auf seinen Gegenstand, das immer auch Selbstbewusstsein ist, d.h. eine Beziehung nach innen hat. Ohne Beziehung des Bewusstseins gibt es keinen Gott, „nur als abstrakter Gott ist er für dasselbe als Jenseits, als Anderes“ (S. 203). Gott ist nur in seiner Erscheinung ein Ansichsein, nicht jenseits der Erscheinung. Damit aber ist er für das Bewusstsein und deshalb „ist er an und für sich“ (S. 203). - Die abstrakte Wissen von Gott soll im Kultus aufgehoben und konkret werden. Dies kann wahrhaft nur gelingen, wenn die Vorstellung von Gott als etwas Bestimmtes aufgegeben und in der geistigen Tätigkeit verflüssigt wird. Damit geht die Tätigkeit des Kultus in sein eigenes Element ein, der Geist weiss sich selbst, sein Äusseres ist seine Äusserung, nicht irgendein jenseitiges Ansichsein, dem er in seinem Erkennen und seinem Handeln ausgeliefert ist. - Der Weg jedoch in dieses geistige Element als geistige Tätigkeit geht über Vorstellungen Gottes in seiner Gegenständlichkeit, in seiner Bestimmtheit. Diese sind zeitliche Absolute (Einssein von Subjekt und Objekt), deren Einheit und Wahrheit durch die Diskrepanz zwischen dem Vorgestellten in der Beziehung des Bewusstseins und dem Selbstbewusstsein als Geistigem aufgelöst wird. Diese formelle Auflösung und Übergehen in eine weitere Bestimmtheit ist nur für uns: ‚Wir’ verfolgen das Bewusstsein in seiner Gegenständlichkeit (Vorstellung Gottes im Kultus) und zeigen seine der Logik gehorchende Entwicklung auf – die Logik der fortschreitenden Vermittlung des Begriffs. Wenn dieses nur ‚für uns’ in den Begriff (Subjekt – Objekt - Beziehung) selbst übergeht, dann ist der Geist für den Geist geworden und er hat seine zuerst nur an sich seiende Freiheit für sich gewonnen. Im Christentum ist dieser Standpunkt erreicht, allerdings immer noch als autoritative Vorstellung. Die Aufhebung dieser Vorstellung ist die Aufhebung der Religion selbst und das Übergehen in die reine Betrachtung der Entwicklung des Geistes (Gottes) in der Philosophie. Damit aber ist auch die Philosophie aufgehoben und die Entwicklung wird zur Aufgabe des subjektiven Geistes, der sich seine eigene Welt, seine eigene objektive Allgemeinheit schaffen muss. - Sofern das Wissen von Gott eine praktische Tätigkeit einschliesst ist es als allgemeine Form Glaube, vermittelnde Tätigkeit zwischen dem endlichen Bewusstsein und seinem unendlichen Gegenstand. Darin hebt es sich als nur formelles Wissen, als reines Fürsichsein, auf und gewinnt Allgemeinheit in seinem Gegenstand, Gewissheit seiner selbst, seiner geistigen Natur. Der Gegenstand, das Unendliche Gottes, wird zum Ansich des Selbstbewusstseins, zu seinem allgemeinen Wesen, dessen es sich in seiner Gegenständlichkeit gewiss ist. - Der eigene Gegenstand des Selbstbewusstseins ist zuerst nur ein Ansichsein, d.h. es bleibt in seiner Gegenständlichkeit - „die Seite seines Bewusstseins“ (S. 204) – verhaftet. Deshalb ist die Bestimmung des Selbstbewusstseins als an sich freies nur für uns, für den Philosophen, noch nicht für es selbst. Dass das Ansichsein auch ein Fürsichsein wird, ist Aufgabe des Prozesses des Selbstbewusstseins in einer bestimmten Religion und im Übergang von einer zu einer andern Religion. Der Philosoph hat diesen Prozess zu beobachten und das formelle Übergehen in seiner Dialektik zu erfassen und zu demonstrieren. Dazu ist Kenntnis der Logik der Bestimmungen, der Vermittlung im Begriff, spekulatives Denken, erforderlich. - Das Ansichsein des Selbstbewusstseins in seiner Gegenständlichkeit darf nicht mit dem subjektiven unmittelbaren Wissen von Gott verwechselt werden, das formell bleibt und seinen unendlichen Gegenstand nur als Abstraktion, als erste Negation hat. Gott ist hier jedoch affirmativ im Selbstbewusstsein, d.h. die Negation der Negation durch das Endliche hindurch. Die Gewissheit seiner selbst ist nicht nur Negation, als Absolutes gesetzte Unmittelbarkeit des Subjekts in seiner Partikularität und damit Inhaltslosigkeit, sondern Objektivierung, Erfüllung mit seinem Gegenstand: „Jene Subjektivität ist dagegen bestimmt, nur die wahrhafte zu sein, insofern sie von der Unmittelbarkeit ebenso als von dem sich gegen die Substanz in sich reflektierenden und festhaltenden Fürsichsein befreites, freies Wissen, nur diese gegen ihre partikulare Eigenheit negative Einheit der unendlichen Form mit der Substanz ist.“ (S. 205 f) - Gott ist somit kein absolut Jenseitiges und von der Vernunft nicht zu fassendes, und die affirmative Beziehung zu Gott nicht nur eine abstrakte Identität. Allerdings darf dieses mit seinem Gegenstand eins gewordene Selbstbewusstsein, die affirmative Beziehung zu Gott, auch nicht mit der Vorstellung des Pantheismus verwechselt werden. In der affirmativen Beziehung ist Gott Geist, der sich als Selbstbewusstsein selbst erkennt und in der Andacht mit seinem allgemeinen Gegenstand eins werden will. Diese Vorstellung ist nicht gleichzusetzen mit pantheistischen Vorstellungen • von Geist als einer starren abstrakt allgemeinen Substanz (Sonne, Tiere etc.), die jedoch nur ein geistloses Allgemeines ist. • von Selbstbewusstsein als natürliche Seele, die göttliche Existenz sei, • von Selbstbewusstsein als ein unmittelbar Wissendes (ich bin denkend und damit bin ich), das in seiner Unmittelbarkeit verharrend, wahrhaft sei. Das unmittelbar Wissende ist jedoch nur erst „der geistlose Geist“ (S. 207).